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■ Berufsberatung im Freizi FindorffMit Holli zum Hempel gehen

„Mensch, Holli, laß uns doch mal zum Hempel gehen.“Dieser Satz geisterte in letzter Zeit ziemlich oft durch die Gänge des Freizeitheimes in Findorff. Holli ist Freizi-Mitarbeiter und Hempel der „Mann mit Schlips und Kragen“: Seit knapp sechs Monaten ist Berufsberater Christian Hempel alle zwei Wochen im Freizi zu Gast. „Berufsberatung vor Ort“heißt das Pilotprojekt mit Erfolg: Bisher haben 20 Jugendliche neue Jobs, Praktika oder gar Lehrstellen gefunden.

„Das ist mit den Jugendlichen bei uns immer schlimmer geworden. Da mußten wir was tun“, erklärt Freizi-Leiterin Jutta Schöpp. Im Freizi Findorff treffen sich vor allem türkische Jugendliche. Viele haben „Pech gehabt“, schlechte Noten in der Schule und „packen es einfach nicht, zum Arbeitsamt zu gehen“, sagt Freizi-Mitarbeiter Holger Hülsemann – zum Hempel aber, da gingen sie jetzt „ganz freiwillig“.

Denn was „Hempel“macht, ist nicht nur Berufsberatung. „Betreuung“steht an erster Stelle: Freizi-Mitarbeiter sitzen mit am Tisch, rufen Arbeitgeber an oder helfen beim Bewerbungsschreiben. Mit einer gestifteten Telefonanlage können die Kids auch telefonische Bewerbungsgespräche üben. „Wir dachten, die machen das nie. Aber es hat geklappt“, sagt „Holli“. Das Rezept sei einfach: Vertrauen sei da, die Freizi-Mitarbeiter kennen die Kids und raten bei abstrusen Berufswünschen auch mal ab. Auch der enge Kontakt zum „Verein Findorffer Geschäftsleute“sei „optimal“.

Murat Güven hat sich zwar nie ans Übungstelefon gehängt, trotzdem wird er jetzt Graveur lernen. Erst nämlich hatte es bei ihm nach Realschulabschluß und Fachoberschule Grafik-Design zwei Jahre lang gehakt. Sozialhilfe war angesagt. Davon leben in Findorff allein 175 der insgesamt 2.000 Jugendlichen. Genau sie will das Projekt jetzt auch auf sein Angebot aufmerksam machen. Auch in Findorffer Schulen sind Werbeaktionen geplant.

Ob die Freizi-Berufsberatung auch auf andere Stadtteile übertragen wird, „müssen wir sehen“, sagt Detlef Stüwe vom Arbeitsamt vage. Schließlich gebe es für ganz Bremen nur 15 BerufsberaterInnen. kat

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