Bernhard Pötter Wir retten die Welt: Die COP im German Climate Club rocken
Wenn meine Kinder sich die Nächte um die Ohren schlagen, wildfremden Menschen nahekommen, wenn sie nichts essen, aber viel trinken und wir am nächsten Morgen plötzlich ein Haustier – einen Kater – haben, dann sagen sie: „Wir waren im Club.“ Ich kenne diese Symptome an mir eher von den Klimakonferenzen, den COPs, allerdings mit einem Unterschied: Bei meinen Kindern geht es in diesen Nächten um Spaß, Musik, Leben, Liebe. Bei den COPs steht das nicht immer im Vordergrund.
Umso begeisterter bin ich vom aktuellen Beschluss der Bundesregierung, einen „Klimaclub“ zu gründen. Da sollen sich in Zukunft die Länder treffen, die beim Klimaschutz jetzt mal endlich voranmachen wollen – am besten durch einen wirksamen CO2-Preis, Klimaneutralität bis 2050 oder früher, die Orientierung am 1,5-Grad-Ziel und einen gemeinsamen Klimazoll für Länder, die nicht in unserem Klimaclub mittanzen wollen. Der Türsteher soll liberal sein, meint die Regierung: Wer die richtigen Ziele hat, kommt rein, egal, wie das Outfit gestylt ist.
Großartig. Ich sehe schon vor mir, wie bei der COP in Glasgow in der deutschen Klimalounge die Drinks kreisen und die Bässe wummern. Wollen wir nicht alle, dass die Atmosphäre endlich mal so richtig chillt, Alter? Unklar ist noch, wer die Musik auflegt und ob wir Deutschen wirklich die besten Party-Animals sind. Aber immerhin hat die Espressomaschine im deutschen Pavillon 2015 das Pariser Abkommen erst möglich gemacht, sagen Insider. Lustig ist auch, dass wir Deutsche in den Klimaclub der „Powering Past Coal Alliance“, den Cool Britannia und Icecool Canada gegründet haben, lange nicht reindurften: Der bullige Typ am Eingang wollte einen Kohleausstieg bis 2030 sehen. Tja. Da mussten wir dann mit der VIP-Karte wedeln, bis wir da auch ohne frühen Coal-Burn-out auf den Dancefloor durften.
Wir haben aber ein Problem: Anders als bei wirklich angesagten Schuppen darf hier jedeR rein, wenn er schwört, die Welt zu retten. Was machen wir also mit den Regenwaldvernichtern, den Öl-Exporteuren, Kohlekapitalisten, Bremsern und Stimmungskillern, die sich für einen Abend im German Climate Club mal eben grün schminken und mit dem Tesla vorfahren? Ganz einfach: Wir verleihen unseren Forderungen ganz undiplomatisch Nachdruck, weil wir wissen, dass „Club“ auf Englisch noch was anderes heißt: Keule.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen