Berliner Szenen: Veränderungen
Lebensallergisch
Ich bin allergisch gegen Zeitungen. Altes Zeitungspapier bringt mich zum Niesen. Ich bin gegen Staub allergisch. Wobei mein HNO-Arzt das anders, nämlich medizinisch korrekt so ausdrücken würde: Ich bin gegen den Kot der Hausstaubmilbe allergisch. Da hilft nicht viel, außer Putzen, außer Spezialbettwäsche, außer alles einwickeln in Plastik oder sonst welchen Schutzhüllen. Und zur Not gibt es Nasenspray mit Cortison.
Aber kennt ihr das, dieses Gefühl, alles loswerden zu wollen, sich vom Besitz trennen zu wollen, die ganzen Schallplatten, Bücher, Möbel auf die Straße zu stellen, natürlich mit dem Wunsch, alles neu kaufen zu können. Oder nicht alles, aber das, worauf es ankommt? Vielleicht ist dies das Gefühl, das dahintersteckt. Hinter der Allergie, mein ich.
Am Ende kann man sich dann doch nicht trennen, also muss irgendetwas anderes geändert werden. So habe ich als Erstes den Schreibtisch umgestellt. Ich sitze jetzt anders, ein ganz anderes Raumgefühl stellt sich ein. Auch die Musik kommt jetzt aus einer anderen Richtung.
Es ist nicht optimal. Mein linkes Ohr glaubt, taub zu sein.
Neulich habe ich am Bankautomaten vergessen, Geld herauszuziehen und mitzunehmen. Natürlich habe ich zunächst die Frau verdächtigt, die nach mir am Automaten war. Sah die nicht verschlagen aus? Hatte die nicht schon so einen gierigen Blick? Sie wusste von nichts, zuckte nur mit den Achseln. Vielleicht, dachte ich auf dem Weg von der Bank nach Hause, leider bargeldlos, ist meine Hausstauballergie ja auch eine Geldallergie. Eine Arbeitsallergie. Eine Lebensallergie. Zum Glück stellte sich heraus: Ich war schlichtweg konfus. Dank Mailerei mit meinem Bankberater – meine Bank ist in Köln – ist das Geld wieder da. Zumindest auf dem Konto.
René Hamann
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