Berliner Szenen: Gemeinsame Bekannte
Beim Apfelmann
Sonne. Frühling. Wärme. In der Bauschale, einer glasierten Kokosnuss, die mir A. mal geschenkt hatte, waren noch letzte Grasreste, die ich, Zeitung lesend, beim Kaffee am Vormittag rauchte. Das Gras beflügelte mich. Ich hatte Lust, den Tag grasrauchend zu Hause zu verbringen. Leider war nichts mehr da. So musste ich hinaus. Vielleicht war B. ja da und eigentlich wollte ich auch zum Apfelmann gehen und fragen, was „Batterie warten“ bedeutet. Seine Telefonnummer war weg und der Kaffee war nun auch alle. Es war zwei Uhr Nachmittag. Zum Glück hatte ich was zu tun.
Wie einen Hund schob ich mein Rad, erst zu B., der leider nicht da war, dann zum Apfelmann, den ich alle paar Jahre besuche, wenn ich Probleme mit meinem Rechner habe. Alles ist genauso wie immer. Als Messie freue ich mich, dass bei ihm alles immer so schön aufgeräumt ist. Er beantwortet meine Fragen, schaut sich den Rechner an, die Probleme sind schnell gelöst. Dann sitzen wir in der Küche. Vor zwei Tagen sei er aus dem Krankenhaus gekommen, eine Operation, es sei höchste Zeit gewesen. Dazu kam ja noch, dass ich Arztphobiker bin. Um ihn aufzuheitern, erzähle ich ihm meine Krankengeschichten. Wir unterhalten uns über Darmspiegelungen, minimalinvasive OPs und wie irre es ist, dass Leute nach schwierigen OPs schon nach zwei Tagen wieder draußen sind. Dazu essen wir selbstgemachtes Chutney.
Ich frage nach gemeinsamen Bekannten. Der eine, der in den 90ern immer gern Speed genommen hatte und wegen seelischer Probleme oft wochenlang verschwand, ist zurück nach Süddeutschland, um seiner kranken Mutter zu helfen, und singt im Kirchenchor. Ein anderer entschlüsselt die satanistischen Zeichen, die Popmusiker in ihren Videos verstecken. Es gefällt mir gut, mit so unterschiedlichen Leuten bekannt zu sein.
Schade eigentlich, dass es hier keinen Coffeeshop gibt. Auf der Straße mag ich nichts kaufen. Detlef Kuhlbrodt
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