Berliner Platten : David Hull hat eine zwischen die Spiegel gefallene Blumenkinderplatte gefunden
Entrückte Musik: „Through the door“ nennt David Hull seine neue Platte, und die führt einen hinter die Spiegel, wo sich andere Welten auftun. Seltsame Stimmungen, die Musik von Geigen, Cellos und Frauengesängen umrankt. Will man sich einen modischen Gefallen tun, darf man das Anti-Folk nennen, und lieber noch denkt man an die alten Platten der Incredible Strind Band mit ihren eigenartigen Elfengärten. „Through the door“ ist also eine auf dem Weg verlorene Blumenkinderplatte, die aber in ihrer traumwandelnden Sicherheit gar nicht wissen will, ob sie nun im Hier und Heute angekommen ist. Wobei mit Nachdruck gesagt sein soll, dass hier überhaupt keine Nostalgie ausgespielt werden will. Es geht einfach nur um Essenzen, mit denen ein früher Marc Bolan schon genauso gespielt hat wie ein mittlerer John Lennon, und solche Märchenbücher werden heute vor allem in den großen Städten geschrieben. Wie Berlin, in dem sich der geborene Londoner David Hull seit 1987 herumtreibt. Am besten trifft man ihn bei den „Acoustic Moon“-Konzerten im Schokoladen oder bei „Focus Pocus“ in der Hotelbar. Beide Bühnen hat er mitbegründet. Es gab Zwischenspiele in Amerika und Spanien, demnächst geht es in die Türkei und nach Australien. Immer unterwegs für die Musik, ohne von der Musik leben zu können. Das Geld sichern Kleinjobs, hier und da, und das macht einen vielleicht auch vorsichtiger. Nichts an dieser Platte ist auftrumpfend, und selbst so ein zermartertes Lied wie „All messed up“, das auch ein Nick Cave erst mal in dieser Intensität hinbekommen muss, schaut einen scheu an. Zurückhaltend. Sanft. Für die Aggressionsabfuhr nimmt man andere Musik zur Hand; wenn man sich aber einen Gefallen tun will, nimmt man „Through the door“ zu sich nach Haus. Diese Musik könnte einen begleiten. Man muss ihr nur erst die Chance geben. THOMAS MAUCH