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Berliner KulturforumKleine Skizzen, große Pläne

Wie weiter mit den Superbauten und der Ödnis drumherum? Eine Ausstellung des BDA gibt kleine aber wichtige Antworten und ganz ohne das übliche Masterplangetöse

Mit vielen seiner Kulturbaustellen geht Berlin mittlerweile um wie die Tourismusmanager mit der Stadt: Man macht Reklame für die Sanierung der Museumsinsel oder den Umbau der Lindenoper. Selbst das Projekt Stadtschloss, dessen Rekonstruktion mittlerweile verschoben worden ist, erhält eine Humboldtbox.

Ausgeblendet von dieser PR-Strategie bleibt Berlins eigentlich größte und älteste Kulturbaustelle: das Kulturforum hinter dem Potsdamer Platz. Kaum jemand mag den fragmentierten Ort. Die Perspektivlosigkeit eines akzeptablen städtischen Raums für die scheinbar wahllos verteilten Architektur-Ikonen Hans Scharouns und Mies van der Rohes lässt sich schwer vermarkten. Dazu passt, dass Senatsbaudirektorin Regula Lüscher zwar kürzlich angekündigt hatte, nach einem "Stufenplan" den Platz zwischen Neuer Nationalgalerie und Philharmonie "landschaftlich aufzuwerten" und zu begrünen. Für das viel wichtigere geplante neue Besucherzentrum gegenüber dem Kammermusiksaal dagegen mangelt es an Geld und an einem Entwurf.

Damit die notwendige Debatte und die Pläne nicht erneut versanden, hat der Bund Deutscher Architekten Berlin (BDA) am Dienstag Ideen "zur Zukunft des Kulturforums" in der gleichnamigen Ausstellung nachgelegt. Die zur Eröffnung der Schau initiierte Diskussionsrunde zwischen Planern und den Ausstellungsmachern erinnerte daran, auf welch vergängliches Terrain man sich beim BDA eingelassen hat. So gab es in den "vergangenen Jahrzehnten" nicht nur unzählige, sondern überwiegend "unrealisierte Reparaturversuche", wie Kurator Andrew Alberts betonte. Der letzte "gescheiterte Masterplan" des damaligen Senatsbaudirektors Stimmann liege gerade mal fünf Jahre zurück. Dennoch, so Alberts, müsse man sich der Frage des weitern Umgangs mit dem Kulturforum und "der räumlichen Identität innerhalb der Stadt stellen".

Aber wie? Es war ein kluger Schachzug des BDA keine neuen Masterpläne an die Wand zu pinnen, sondern Skizzen oder pointierte Statements auf Papier von den 40 zur Schau eingeladen Architektenteams. Scheint es sich doch bis hinauf zur Senatsbaudirektorin herumgesprochen zu haben, dass man mit Masterplänen am Kulturforum nichts erzwingen kann. Mit großen Bauten, neuen Plätzen und Strukturen wie etwa Oswald Mathias Ungers Verdichtungsplan aus den 80er Jahren komme man gegen die Versammlung von Einzelarchitekturen und die "Signifikanz des Ortes" einfach nicht an, sagte der Londoner Architekt Adam Caruso in der Diskussion.

Die Mehrheit der Architekten und Künstler - darunter so renommierte wie Friedrich von Borries, Gottfried Böhm und Bernd Albers - schlägt darum auch nur "kleine Eingriffe in homöopathischen Dosen" vor. Die Baucollage wird mittels Platzgestaltungen und Randbebauungen zu einer Einheit gefasst. Zugleich wird die Verengung der breiten Potsdamer Straße gefordert. Bernd Bess, Matthias Seidel und Andreas Overmann etwa entwerfen hierfür einen autofreien Gesamtplatz, einen urbanen Ausstellungsraum und das Areal als Fläche für temporäre Interventionen wie Rockkonzerte. Mehr Grün durchzieht bei Heide von Beckenrath, Böhm und den "Finsterwalder Architekten" den Raum zwischen Neuer Nationalgalerie und Philharmonie. Scharouns Stadtlandschaft lässt grüßen! Allen Entwürfen aber ist eines gemeinsam: Man ist auf der Suche nach einem Bild für ein "modernes städtisches Forum". Denn das Kulturforum scheint bis heute das Gegenteil dessen.

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1 Kommentar

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  • UH
    Uwe Hameyer

    Ein wichtiges Ergebnis war auch die Erkenntnis, dass die versammelten Institutionen das "Innen" ihrer Gebäude organisieren, dagegen das "Außen" nicht gemeinsam angehen. Dazu wäre auch eine Gesamtvorstellung vonnöten, was das Kulturforum für Berlin eigentlich sein könnte. Eine Vision wäre, ein Kontrastprogramm zu dem benachbarten geschäftigen, kommerziellen und kulturarmen Potsdamer Platz zu definieren. Ich könnte mir das Kulturforum als Ort der Ruhe, Besinnung und als Rückzugsbereich mit meditativen Qualitäten vorstellen. Dazu ist allerdings das Immissionsproblem der Potsdamer Strasse zu lösen. Die grassierende Wegwerfmentalität zu Scharouns Grundgedanken ist beunruhigend und hilft sichtbar nicht weiter. Sein Ansatz der Raumfolgen für eine gute Bespielbarkeit der inneren Räume wurde von keiner Arbeit erreicht. Mit ästhetisierenden Modernismen kommt man dem Kulturforum nicht bei, was sich auch in der spürbaren kollektiven Ratlosigkeit des Abends spiegelte. Und gute Außenräume hin und her - der Bedarf an kulturnahen Einrichtungen, um die Hör- und Sehgenüsse angemessen ausklingen zu lassen bleibt offen und ist ohne excellente bauliche Ergänzung nicht lösbar.