Benjamin Moldenhauer empfiehlt: : Kante
Diese Band hat es mit Ruinen. Ein nicht kleiner Teil der Songs von „Kante“ dreht sich um Klänge, Dinge und Gefühle, die ihre Zeit angeblich verpasst oder hinter sich haben; und trotzdem nicht verschwinden wollen oder können. Es ist etwas schwierig, es zu benennen, ohne dass es gestelzt klingt, aber „Kante“ sind eine der wenigen Bands hierzulande, deren Musik eine ständige, bewusste Verbindung mit der Geschichte unterhält. Und dabei ganz gegenwärtig klingt. Die 1997 erschienene erste Platte mit dem programmatischen Titel „Zwischen den Orten“ war noch reichlich abstrakt gehalten, Postrock nannte man das damals; lange repetitiv gehaltene Instrumentalpassagen, in denen die Band um Gitarrist Sänger Peter Thiessen und Schlagzeuger Sebastian Vogel versuchte, Strukturen der elektronischen Musik auf ein Rockformat zu übertragen und allzu expressive Gesten zu vermeiden. Die Nachfolger „Zweilicht“ und „Zombi“ kamen opulent wie sonst kaum etwas aus dem Indie-Universum daher. Kante zelebrierten die Freude am überbordenden Popsong. Die von Kante selbst angeführten Referenzen sind ausnahmsweise einmal nicht hochgestapelt: Sonic Youth geistern neben Steve Reich, Alice Coltrane und Mark Hollis durch diese Musik, und trotz all der auf den ersten Blick disparaten Versatzstücke ist das Ergebnis, seltsam genug, schwelgerischer und durchdachter Pop. Auf dem aktuellen Album „Die Tiere sind unruhig“ schrubbern die Gitarren so wüst mit Bass und Schlagzeug um die Wette wie nie zuvor, aber mit unbehauenem Rockgestus haben „Kante“ immer noch nichts am Hut. Oder, wie der unvergleichliche Dietmar Dath in der FAZ schrieb: „Reichtum hört sich anders an; statt Prunk und Protzen gibt es Werkeln und Wursteln, aber für Armut reicht es auch nicht ganz, dazu hat man zu viel dabei.“
Samstag, 20 Uhr, Kulturzentrum Lagerhaus