■ Benachteiligung anderer Verkehrsmittel gegenüber dem Auto endlich aufheben: Verkehrsmittel Nr. 1: die Füße
betr.: „Schlauch holt sich das Vertrauen“, taz vom 8. 6. 00
Ein Politikwechsel war uns versprochen. Jetzt ist zu ahnen, was gemeint war: Die Bundestagsfraktion der Partei, die sich bislang zumeist als sehr grün, ökologisch und auf Nachhaltigkeit bedacht zu verstehen gab, stellt sich hinter (oder vor) den Fraktionschef.
Der hat festgestellt, dass das Auto auch „ein Mittel der Emanzipation und der Freiheit“ ist. Und statt diesen Unsinn kritisiert die Fraktion die Kritiker des Autofreundes. Nicht zuletzt ein Ex-Umwelt- und heutiger Außenminister tut sich mit Diffamierung hervor, bezeichnet den (die?) Kritiker als „Gralshüter des Glaubens“.
Wer liest bei den Grünen eigentlich noch die eigenen Papiere? Die Wähler, im guten „Glauben“ an das, was da versprochen wird? Aber da sei der Fischer vor: Grüne sind keine Ratzingers. Alles nicht so ernst zu nehmen! Vielleicht sollte die Fraktion ihrem (auto)mobilen Vorsitzenden mal ein paar Tage Zeit geben, sich über die grünen Konzepte zur Verkehrswende zu informieren. Oder aber die Grünen vollziehen diese nun endgültig und auf die ihnen eigene Art. Mein Vorschlag: Die Grünen finden endlich auch noch die schönen Seiten des Fliegens öffentlich heraus. Über den Wolken . . . ja, das ist es: „Fliegen als Mittel der Emanzipation, Fliegen als Freiheit“, endlich die Jugend und überhaupt die Menschen im Land erreichen. Da abholen, wo sie fliegen. Schließlich sind ja auch Flugzeuge keine Atomkraftwerke, die man einfach abschalten kann! Nicht wahr, Herr Schmidt?
Offen bleibt, warum sich die Grünen in NRW denn nun eigentlich so schwer getan haben, mit dem neuen Koalitionsvertrag. Die paar Autobahnen werden wir für Freiheit und Emanzipation doch noch vertragen. Und die Flughäfen – wenn mensch es richtig bedenkt, Start- und Landebahnen nachhaltiger Freiheit und Emanzipation. DIRK BRÄUER, Köln
[...] Bitte bedenkt, dass auch heute noch ein Drittel der Erwachsenen kein eigenes Auto haben und Bündnis 90 / Die Grünen eine Mobilität aller Verkehrsteilnehmer ermöglichen wollen, besonders auch derer, welche über kein Auto verfügen. [...] Das Auto ist eben nicht Verkehrsmittel Nummer eins – es sind die Füße.
Das neue Papier von Rezzo und Reinhard hat sicher gute Vorschläge – aber es ist gegenüber dem Auto sehr unkritisch und wird beim oben genannten WählerInnenkreis die Verunsicherung nicht beseitigen. Es ist falsch, dass wir das Auto verteufeln – wir wollen nur die jahrzehntelange Benachteiligung der anderen Verkehrsmittel – Füße, Fahrrad, Skater, Bahn und Bus – gegenüber dem Auto endlich aufheben. Einseitig für das Auto sind schon FDP, CDU, PDS und SPD und der Autokanzler . . .
WERNER SCHMIDT, ANDREAS THEM, Sprecher des Bezirksverband Mittelfranken und LAK Verkehr Bayern, LAG Verkehr Brandenburg und Berlin
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