Bemerkung über arme Wähler: Obama offenbart eine Schwäche
Mit Bemerkungen über die Befindlichkeiten armer Wähler liefert Barack Obama Gegnern eine Steilvorlage. Seine Chancen auf einen Sieg in Pennsylvania sind dahin.
WASHINGTON taz War das jetzt der Sündenfall? Das Team um Hillary Clinton möchte es so sehen, die Republikaner ebenfalls. Seit Tagen sorgt die Bemerkung des schwarzen Präsidentschaftsbewerbers Barack Obama für Aufregung, es sei "nicht verwunderlich", dass sich die Menschen in Pennsylvania angesichts ihrer schlechten Lage "an Waffen oder an Religion klammern und an ihre Antipathie gegenüber Menschen, die nicht so sind wie sie". Das hatte Obama am 6. April bei einem Fundraising-Dinner vor wohlhabenden Unterstützern in San Francisco gesagt - zweieinhalb Wochen vor der nächsten Runde im Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden Demokraten Barack Obama und Hillary Clinton am 22. April in Pennsylvania, dem nordöstlichen Industriestaat.
Die Sätze nahm die Wahlkampagne um Hillary Clinton bereits am Wochenende zum willkommenen Anlass, dem Juniorsenator vorzuhalten, er sei arrogant. "Ich denke nicht, dass die Menschen in Pennsylvania verbittert sind, ich denke, dass Barack herabschauend ist", sagte Clinton gegenüber US-Medien. Der republikanische Präsidentschaftskandidat in spe, John McCain, pflichtete ihr bei und sagte, "er ist ganz offensichtlich völlig abgehoben und fern der Realität".
John McCain bemühte bei früheren Gelegenheiten allerdings ebenfalls die ökonomische Situation, um die heftige Antieinwanderungshaltung mancher US-Bürger zu erklären. Obamas etwas späte Entschuldigung am Freitag konnte die am Wochenende losrollende Lawine an Beschuldigungen nicht mehr aufhalten. Republikanische Kommentatoren erkannten in den Worten einen versteckten Rassismus des schwarzen Politikers gegenüber der weißen Arbeiterklasse. Andere, wie William Kristol in der New York Times vom Montag, unterstellten dem Harvard-Absolventen Elitismus, gefolgt von Vorwürfen, er benehme sich aristokratisch, heiligenmäßig und sei doppelzüngiger als John Kerry während der Wahlkampagne 2004.
Obama-Unterstützer befürchten, dass der hauchdünne Vorsprung, den manche Umfragen dem Senator vergangene Woche in Pennsylvania zuschrieben, nun dahin ist. Neueste Umfragen sehen Obama im Schnitt unverändert 7 Prozentpunkte hinter Clinton, die laut RealClearPolitics.com bei knapp 49 Prozent liegen soll.
Eine CNN-Fernsehdebatte am Sonntag, bei der es um die Rolle des Glaubens im Leben Obamas und Clintons ging, nutzte die Politikerin zu erneuten Angriffen gegen ihren Konkurrenten. Sie warf ihm strahlend vor, er sei "gönnerhaft und bevormundend" gegenüber den Wählern. Obama erwiderte demonstrativ gelassen, er habe das Sichfesthalten an der Religion positiv gemeint.
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