: Beliebtes Motiv „Plattenbau“
betr.: „Und Ramona sah zu“ über den Prozess gegen fünf junge Leute, die einen Gleichaltrigen quälten. Die Männer folterten, die Frauen waren ihr Publikum; taz vom 3. 5. 05
Berichte über Folter sind immer eine heikle Sache. Schmal ist der Grat zwischen Aufreißer und Aufklärung. Und so könnte ich auch nicht sagen, ob es für oder gegen die Qualität des Artikels „Und Ramona schaut zu“ spricht, dass er mich verfolgt und ich beim Anblick meines Bügeleisens heulen könnte ob der Grausamkeit, zu der Menschen fähig sind.
Vielmehr aber hat mich ein ganz anderer Teil des Artikels sehr verärgert. Die Beschreibung des Neubauviertels bei Frankfurt (Oder). Von heruntergekommenen „wunden“ Fassaden wird gesprochen und „sich nicht vorstellen“ mögen, was dahinter alles Schreckliches passiert und dennoch „Alltag ist“. Zum Ersten hat das Aussehen der Fassade nichts damit zu tun, was dahinter passiert. Zum Zweiten machen drei bekannt gewordene Fälle von Missständen noch keinen „Alltag“. Ich halte diese Art der Verallgemeinerung für Bild-Zeitungs-Niveau. Zumal dabei das beliebte Motiv „Plattenbau im Osten“ gewählt wurde. Ich kenne viele Menschen, die in diesen Siedlungen wohnen oder gewohnt haben und die mir alle recht gesund in ihren Wesen und Beziehungen scheinen. Den Artikel empfinde ich da etwas beleidigend. HANNA PÖTTER, Hamburg