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Archiv-Artikel

Beleidigung der Studierenden

betr.: „1997, 2006. Na wartet!“, taz vom 12. 7. 06

In dem Artikel fehlt jede Ursachenbetrachtung. Worin liegen die Gründe für Studierendenproteste? Warum wird heute angeblich weniger radikal protestiert oder nur noch von einer elitären Masse?

Der Autor Christian Füller verwebt die Studierendenproteste undifferenziert wild miteinander: 68 ist gleich 97 ist aber anders als heute und morgen wird’s viel toller. Meines Erachtens führen strukturelle Ursachen dazu, dass die Proteste oft zu gering ausfallen. Der Druck, schnell studieren zu müssen, führt dazu, dass einige Studierende einen Tunnelblick bekommen und es sich scheinbar nicht mehr erlauben können, zu protestieren. Die gesellschaftliche Entwicklung hin zu einer egozentrischeren Politiksicht führt dazu, dass die gesellschaftlich und sozial relevanten Fragen oft zu Gunsten des Marktes beantwortet werden. Diese Grundentwicklung können auch Studierende mit ihren Protesten kaum beeinflussen.

Zudem hätte man zunächst herausstellen müssen, ob es den Ansturm junger Leute auf ein Studium überhaupt geben wird. Die Einführung von Studiengebühren, die schlecht geplante Studienreform und die Kapazitätsgrenzen sprechen eigentlich dagegen.

Außerdem behauptet Herr Füller, die Umstellung auf Bachelor und Master würde bei den Studierendenprotesten keine Rolle spielen. Das ist eine Beleidigung all jener Studierenden, die tagtäglich in den Gremien der Universität versuchen, gegen Fehlentwicklung bei der Umstellung zu arbeiten und zu protestieren. Der freie zusammenschluss der studentInnenschaften (fzs), den Herr Füller seltsamerweise für tot hält, hat zu ebendiesem Thema unzählige Arbeitshilfen, Protestschreiben und Pressemitteilungen ausgegeben. Nicht zuletzt die Proteste nach den NRW-Landtagswahlen haben sich eindeutig zu der Einführung neuer Studiengänge positioniert. DANIEL WEBER, Bildungspolitikreferat im AStA der Universität zu Köln