Beitritt von Georgien und Ukaine: Bush will Nato vor Russlands Haustür
Der Streit über die Osterweiterung beherrscht das Nato-Treffen in Bukarest. Die Europäer, allen voran Deutschland, verlangen von den USA mehr Rücksicht auf russische Interessen.
BUKAREST dpa/ap/rtr Unmittelbar vor der Eröffnung des Nato-Gipfels am Mittwochabend in Bukarest hat sich der Streit über die Osterweiterung der Nato verschärft. Unbeirrt von Protesten in Moskau und breiter Skepsis bei den europäischen Bündnispartnern erklärte US-Präsident George W. Bush bei seiner Ankunft in der rumänischen Hauptstadt: "Hier in Bukarest müssen wir klar machen, dass die Nato das Streben Georgiens und der Ukraine nach einer Nato-Mitgliedschaft begrüßt." Die USA plädieren dafür, beiden Ländern einen sogenannten Aktionsplan auf dem Weg zur Mitgliedschaft anzubieten. Ein solcher Plan ist die letzte Stufe vor dem Beitritt.
Deutschland und Frankreich, aber auch Italien und Spanien sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt gegen eine solche Osterweiterung. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, Deutschland sei zur Überzeugung gelangt, dass es noch zu früh sei, beide Staaten in den Aktionsplan für die Mitgliedschaft aufzunehmen. Sie fügte aber hinzu: "Unstrittig ist, dass beide Länder eine Perspektive für den Beitritt haben. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, nach dem Konflikt um die Souveränität des Kosovo gebe es keinen zwingenden Grund, das Verhältnis zu Moskau über Gebühr zu belasten. Laut Steinmeier hätten zudem die Präsidentenwahlen im vergangenen Jahr in Georgien gezeigt, "dass das Land noch nicht auf einem sicheren stabilen Weg" sei. In der Ukraine gibt es laut Umfragen keine Mehrheit für einen Nato-Beitritt des Landes. Steinmeier bekräftigte allerdings auch, dass Moskau in Bezug auf die Nato-Erweiterung "keinerlei Veto-Position" habe.
Die Staats- und Regierungschefs der 26 Nato-Staaten wollten am Abend im monumentalen Parlamentspalast in Bukarest bei einem Arbeitsessen über die Frage der Osterweiterung sprechen. Nach Angaben eines Nato-Diplomaten wird es in Bukarest aber "keinen Aktionsplan für Georgien und die Ukraine geben". Ein anderer sagte, die US-Regierung werde Deutschland und Frankreich drängen, im kommenden Jahr einen Fahrplan für Georgien und die Ukraine zuzustimmen. Spekuliert wurde auch, dass die Amerikaner zurückstecken würden, wenn Russland im Streit über den Aufbau eines Raketenabwehrsystem in Osteuropa nachgeben würde. Die Zusammenarbeit mit Russland wird am Freitag Thema sein, wenn auch Präsident Wladimir Putin auf dem Gipfeltreffen erwartet wird.
Weniger konfliktträchtig dürfte der Nato-Einsatz in Afghanistan sein, nachdem Bush klargemacht hatte, dass er kein Land drängen werde, mehr Soldaten in den umkämpften Süden Afghanistans zu beordern. Bisher hat Frankreich eine Aufstockung der Truppen zugesagt. Deutschland ist mit 3.500 Soldaten drittgrößter Truppensteller und für den Norden zuständig.
Als unstrittig gilt die Aufnahme des Balkanstaates Kroatien. Völlig offen dürfte bleiben, ob und wann Mazedonien und Albanien zu einem Beitritt eingeladen werden können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!