Beamte bald gekennzeichnet: Nummern statt Namen für Polizisten
Im Konflikt um das Tragen von Namensschildern liegt jetzt ein Kompromissvorschlag vor. Polizeipräsident Glietsch ist dafür, die Gewerkschaften fordern als Minimum rotierende Nummern.
Die Zeit läuft. Bis Jahresende werde er die Kennzeichungspflicht für Polizisten einführen, hatte Polizeipräsident Dieter Glietsch im Sommer gegenüber der taz verkündet. Der Hauptpersonalrat lehnt das Vorhaben allerdings ab. Am Freitag hat die Einigungsstelle, in der Vertreter des Arbeitgebers und Arbeitnehmer sowie ein Richter sitzen, einen Kompromissvorschlag für das Tragen von Namensschildern unterbreitet: Jeder Polizist soll selbst entscheiden können, ob er sich dem Bürger mit Namen oder Nummer präsentiert.
Am 26. November will die Einigungsstelle wieder tagen. Sollten sich Hauptpersonalrat und Polizeipräsident nicht einigen, wird das Gremium am selben Tag eine Entscheidung verkünden. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) teilte am Freitag mit, er würde es sehr begrüßen, wenn es zu einer von beiden Seiten getragenen Einigung komme. Zuvor hatte Körting aber betont, die Kennzeichnung notfalls auch gegen das Votum durchzusetzen.
Seit über 30 Jahren fordern Bürgerrechtsgruppen eine individuelle Kennung für Polizisten - allen voran für die geschlossenen Einheiten. Schläger in Uniform können leichter identifiziert werden, so die Annahme. Polizeigewerkschaften und Personalräte argumentieren damit, namentlich gekennzeichnete Beamte könnten von Bürgern gestalkt werden.
Glietsch hält diese Befürchtung für irrational. Der Kompromissvorschlag der Einigungsstelle, es dem Beamten selbst zu überlassen, ob er sich mit einem Namens- oder Nummernschild ausstattet, war ohnehin sein Plan: Auf der Vorderseite des Schilds solle der Name stehen, auf der Rückseite die Dienstkartennummer, hatte Glietsch im Sommer gesagt.
Die Polizeigewerkschaften sprechen von einem "Kniefall" vor dem Teil der Gesellschaft, der "Gewalt gegen Bullen befürwortet". Das Mindeste sei, eine regelmäßige Nummernrotation einzuführen. Die CDU hatte am Donnerstag im Abgeordnetenhaus eine namentliche Abstimmung beantragt und eine schwere Schlappe erlitten. SPD, Linke, Grüne und FDP votierten für die Kennzeichnung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alena Jabarine über Nahost-Debatte
„Auch in Deutschland ist Veränderung möglich“
Fokus auf Gazakrieg
Solidarität heißt: sich den eigenen Abgründen stellen
Pistorius und Merz bei Brigade Litauen
Die deutsche Haubitze ist echt
CDU und Linkspartei
Die Befreiung vom Hufeisen
Wirtschaftsministerin Katharina Reiche
Energisch, ostdeutsch, konservativ
Verpflichtende KZ-Besuche in der Schule
Erinnern geht nur inklusiv