Bankenrettung sorgt für Schuldenrekord: 24.450 Euro Schulden je Bürger
Neue Zahlen des statistischen Bundesamts: Bund, Länder und Gemeinden stehen mit fast 2 Billionen Euro in der Kreide – je Bundesbürger entspricht das 24.450 Euro.
BERLIN/WIESBADEN rtr/taz | Die Rettung der angeschlagenen deutschen Banken hat die Verschuldung in Deutschland 2010 so stark in die Höhe getrieben wie noch nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Bund, Länder und Gemeinden waren zum Jahresende insgesamt mit 1,999 Billionen Euro verschuldet, je Bundesbürger entspricht das 24.450 Euro. Das teilte das Statistische Bundesamt am Montag mit.
Allein seit dem Ende des Krisenjahrs 2009 stiegen die Schulden um 304,4 Milliarden Euro oder 18 Prozent. "Dies war der höchste absolute Zuwachs des Schuldenstandes in einem Jahr seit Bestehen der Statistik 1950", sagte ein Statistiker. Inzwischen fließen rund 15 Prozent des Bundeshaushalts in Zinszahlungen.
Wichtigster Grund für die wachsenden Verbindlichkeiten sind die sogenannten Bad Banks: Allein die Stützung der verstaatlichten Hypo Real Estate und der Landesbank WestLB trieben den Schuldenstand um 232,2 Milliarden Euro in die Höhe. Ein kleiner Teil des Geldes könnte allerdings womöglich bald wieder zurückfließen. Denn die Brüsseler EU-Kommission moniert angebliche Fehler bei der Auslagerung. In beiden Fällen sollen die Banken Risikopapiere zu einem zu hohen Wert in die Abwicklungsanstalten verschoben haben. Mehr als 10 Milliarden Euro unzulässiger Beihilfe soll die öffentliche Hand so an die HRE und rund 3,4 Milliarden an die WestLB gezahlt haben.
20 Prozent mehr Schulden
Nach Angaben der Statistiker mussten vor allem der Bund und die Länder die Zusatzbelastungen tragen: Beim Bund stiegen die Schulden um mehr als ein Fünftel auf 1,284 Billionen Euro, bei den Ländern um 13 Prozent auf 595,3 Milliarden Euro.
Lediglich Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern konnten ihre Verschuldung reduzieren, während die Turbulenzen der WestLB den Haushalt Nordrhein-Westfalens stark belasteten und den Schuldenstand um 40 Prozent in die Höhe trieben.
Doch auch die Gemeinden rutschten trotz Konjunkturbelebung tiefer in die roten Zahlen: Hier legte die Verschuldung laut Statistikamt um 4,9 Prozent oder 5,56 Milliarden Euro auf 119,4 Milliarden zu. Allerdings rechnet Wiesbaden lediglich die Schulden am Kapitalmarkt und die Kassenkredite ein, nicht die Schulden der Sozialversicherungen. Der Deutsche Städtetag hatte zuletzt eine Rekordneuverschuldung der Gemeinden und Kommunen von 9,8 Milliarden Euro bekannt gegeben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs