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Bahn-Arbeitsdirektor für weniger Jobs"Hansen hat seine Rolle verspielt"

Norbert Hansen, Ex-Gewerkschafter und künftiger Bahn-Personalchef, hat weiteren Stellenabbau angekündigt. Bahnchef Mehdorn pfiff ihn zurück. SPD-Politiker und Gewerkschafter toben.

"Wir werden bei der Bahn weiter rationalisieren müssen": Norbert Hansen

Kaum zum neuen Arbeitsdirektor der künftig teilprivatisierten Bahn berufen, lässt Norbert Hansen via Bild-Zeitung die Katze aus dem Sack. "Wir werden bei der Bahn weiter rationalisieren müssen", sagte der ehemalige Chef der privatisierungsfreundlichen Bahngewerkschaft Transnet am Freitag. Dies werde in einigen Bereichen nicht ohne Personalabbau gehen. Sein Ziel sei aber, ohne Kündigungen auszukommen. Für Lokführer - ein Seitenhieb auf die ungeliebte Konkurrenz von der Lokführergewerkschaft GDL - hat Hansen Arbeitsverdichtungen im Angebot: Lokführer könnten auch mal in den Zugabteilen aufräumen.

Am Donnerstag hatte der Bahnaufsichtsrat mit den Stimmen der Arbeitnehmervertreter von den Bahngewerkschaften Transnet und GDBA eine neue Konzernstruktur beschlossen, mit der die Teilprivatisierung auf den Weg gebracht wird. Die große Koalition plant, 24,9 Prozent der Verkehrsgesellschaften der Bahn zu verkaufen, die in der DB Mobility Logistics AG (DB ML AG) gebündelt werden.

Bahnchef Hartmut Mehdorn pfiff seinen Arbeitsdirektor Hansen erst einmal zurück. Spekulationen über einen Personalabbau bei der Bahn seien an den Haaren herbeigezogen, so Mehdorn. "Es gibt weder entsprechende Pläne, und schon gar nicht gibt es derartige Beschlüsse." Bis 2023 werde es keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Letztere hatte Hansen aber auch gar nicht angekündigt.

Die Lokführergewerkschaft GDL kritisierte Hansen dennoch. "Er hat seine neue Rolle sehr schnell verinnerlicht", so GDL-Sprecher Maik Brandenburger zur taz. Seine Äußerungen zeigten, dass die Eisenbahner die Leidtragenden einer Teilprivatisierung der DB sein werden. Auch aus diesem Grund lehne die GDL den Einfluss privater Investoren auf das Unternehmen ab. Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer ärgerte sich über Hansen. "Herr Hansen hat seine Rolle als Garant der Arbeitnehmerinteressen im Bahnvorstand verspielt."

Auf eine weitere mögliche Gefahr im Zuge der Teilprivatisierung wies das Bündnis "Bahn für alle" hin: Die bahninternen Beschäftigungsfirmen DB Jobservice und DB Zeitarbeit könnten künftig im bundeseigenen Mutterkonzern und nicht in der teilprivatisierten DB ML AG angesiedelt sein, sagte ein Bündnis-Sprecher der taz. Bei einem Personalabbau könnten die Beschäftigten von den privatisierten Betrieben in den Jobservice verschoben werden, der über die DB AG in öffentlichem Eigentum verbleibt. "Es werden also ganz klassisch Gewinne privatisiert und Kosten sozialisiert."

In Bahnkreisen wies man diese Befürchtung zurück. Ein Bahnunternehmen, das einen Mitarbeiter in den Jobservice entsende, müsse so lange für diesen zahlen, bis er eine neue Stelle gefunden habe, hieß es. Kostenvorteile für das entsendende Unternehmen entstünden also nicht. Jobservice und Zeitarbeit würden jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach unter das Dach der DB AG kommen.

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6 Kommentare

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  • M
    Mistral

    In Deutschland scheint es eine Aversion dagegen zu geben das Offensichtliche erkennen zu wollen, insbesondere bei der selbsternannten "Informationselite" - wohingegen einem Großteil der Bevölkerung das Endresultat gewisser Entwicklungen relativ früh klar ist.

     

    Beispiele gefällig?

     

    Maastricht-Abkommen. Volker Volk sagt: "Dann gehen Unternehmen ins Ausland um Steuern zu sparen" Eliten sagen: "Nein, nein wird nie passieren"

     

    Euro-Einführung. Volk: "Dann wird noch oben gerundet und alles wird für uns teurer"..Elite: "NEIN, nie"

     

    Osterweiterung. Volk: "Dann wandern Arbeitsplätze ab.." Elite: "NEIN, NEIN das ist eine dumme Stammtischparole...außerdem nicht politisch korrekt"

     

    Bosman-Urteil, Telekom ("Volksaktie"), Studiengebühren, Liberalisierung des Strommarktes...usw. usw. Es war ABSEHBAR was die Resultate sein würden!

     

    Jetzt die Bahnprivatisierung:

    Natürlich werden Arbeitsplätze abgebaut, natürlich werden Strecken stillgelegt, natürlich werden die Löhne sinken, natürlich wird weniger in die Infrastruktur investiert, natürlich werden sie sich als AG "internationalisieren" und über den Standort Deutschland meckern. Übrigens, einen richtigen Wettbewerb wird es hierzulande auch nicht geben, so dass die Bahn AG weiterhin die Preise diktieren wird - dann allerdings mit Profitinteresse!

     

    Alles absehrbar - und wenn es schließlich eintrifft tun alle ganz überrascht. Merkwürdig.

  • RS
    Rudolf Stüben

    Der angebliche Gewerkschafter Hansen reiht sich nahtlos in eine trostlose Kette von "Sozial"-Demokraten ein, als da sind : Clement, der "stolze " Erfinder der Mini-Jobs , die nahtlos zu Millionen in die Armut führen . Gelernter "Journalist " angeblich, also aus einer Zunft, die im Nachhinein alles besser weiß, oder doch nicht ?

    Florian Gerster, der gekaufte "Gewerkschafts-Führer " von PIN und Co. Sollte mal die BA reformieren , fiel aber nur durch hemdsärmelige Auftrags-Vergabe auf ; an " Spezln " ? Springer ließ ihn jetzt im Regen stehen; recht so.

    Rudolf Scharping nicht zu vergessen , der beratungsresistente "Präsident " des voll-gedopten Radsport-Verbandes Deutschland; nur noch peinlich.

    Und als Super - Gau : Gerhard Schröder- Ex -Kanzler - verkauft sich an die Russen-Gas-Mafia à là Gazprom ; dem Volk Wasser-Saufen predigen (Hartz 4 ) und selber Krim-Sekt schlürfen.

    Eine feine Gesellschaft mit wunderbarer Vorbild-Funktion.

    Einen habe ich noch vergessen: Oskar Lafontain, der Wicht aus dem Saarland. Erst verrät er seine politischen Wurzeln und seine Partei - oder war er nur der Karriere wegen rot eingefärbt ? -dann macht er auf Elder Statesman mit rotem Kopf.

    Glaube ihm , wer will.

  • FS
    Frank Schmidt

    Wahrscheinlich ist

    bei unseren Führungskräften immer noch Luft, die allerdings dünner wird.

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Erbärmliche Figur, die politisch endgelagert werden müßte !!

  • E
    Eckankar

    Es gab eine Kulturoffensive durch die CIA finanziert in Deutschland. Wieso sollte es jetzt nicht eine Offensive von finanzstarken Kräfte geben, die durch ihre Think-Tanks Szenarien planen und aufführen. Gewerkschaften zu schwächen ist ein erstrebenswerter Nebeneffekt. Vor allem geht es um einen Zukunftsmarkt und ein riesiges Logistikunternehmen und den Fuhrpark. Schenker und alles was dazu gehört ist eines der wesentlichen Objekte der Gier.An dem Schienennetz ist niemand interessiert.Das wäre, als würde die Chemische Industrie Flüsse kaufen, um ihre Abwässer einleiten zu können und müsste sie noch teuer sanieren. Das wollen die zukünftigen Besitzer auch nicht. Das Schienennetz und alles, was kosten verursacht, soll schön in staatlicher Hand bleiben. Das erhöht die Dividende und ermöglicht Argumente, warum dieses oder jedes Marode ist.Der Verschleiß wird verstaatlicht und der Steuerzahler darf zahlen, Gewinne werden dem Gemeinwohl entzogen. Personal muss weichen, damit die Bäuche der Anleger dicker werden.

  • RG
    Reinhard Gottorf

    Norbert Hansen, so wie ich ihn, aus meiner Sicht als ehemaligem hauptamtlichem Gewerkschaftsfunktionär, kenne, war, ist und bleibt ein riesengroßes, dummes – Aber das schreibt man nicht in einem Leserbeitrag. Doch allen Pharisäern, Heuchlern und großen und kleinen, linken oder rechten Dummschwätzern zum Trotz: Wo er Recht hat, hat er Recht.

    Was hat er denn eigentlich gesagt? >>Die Bahn wir weiter rationalisieren müssenDies werde in einigen Bereichen nicht ohne Personalabbau gehen