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Bagatellisierte Folklore - betr.: "Ohne Rechtsanspruch auf Realität", taz vom 20.5.1996

Betr.: taz hh , 20.5. 96, „Ohne Rechtsanspruch auf Realität“

Die taz berichtete am 20. 5. 96 über eine Tagung des deutsch-türkischen Förderkreises „Migrakult“ zu Bedingungen und Chancen multikultureller Aktivitäten. Was ein „Rechtsanspruch auf Realität“ sein sollte, bleibt Geheimnis der taz-Redaktion; daß sich die Förderung von Migrantenkultur in Hamburg auf Folklore beschränkt, ist schlicht falsch.

Die Kulturbehörde fördert künstlerische und kulturelle Projekte von Migrantinnen und Migranten quer durch alle Kunstsparten und unabhängig davon, ob diese Aktivitäten von der Mehrheitskultur als traditionell oder avantgardistisch, als authentisch oder kulturell überformt betrachtet werden.

Der polemische Untertitel „Förderung von Ausländerkultur beschränkt sich auf Folklore“ diskreditiert jedoch nicht nur den Ansatz der Förderung kultureller Autonomie, sondern vor allem die vielfältigen kulturellen und künstlerischen Aktivitäten von Migrantinnen und Migranten selbst.

Damit ist dieser Artikel ein weiteres Beispiel dafür, wie Multikulturalität nicht nur durch politische Interessen, sondern auch durch die selektive Wahrnehmung von Medien verhindert wird: Der spektakuläre Einbruch des „Fremden“ in die eigene Kultur wird als kultureller event gefeiert, der Rest mit dem Begriff Folklore bagatellisiert.

Verena Westermann, Kulturbehörde – Referat für Auländerkultur

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