BUNSENBRENNER: Laßt nur Dicke um mich sein!
■ Cholesterin macht friedfertig
Amerikanische Wissenschaftler haben festgestellt, daß Cholesterin, diese verunglimpfte Fettsubstanz, die Arterien verstopft und das Herz bedroht, friedfertig macht. Sinkt der Cholesterinspiegel, werden wir zu Raufbolden.
Das verkündete Jay Kaplan auf einem Psychomatikertreff und führte die Affen an: Als sie von einer Diät mit 43 Prozent auf eine mit 30 Prozent Fett (Empfehlung der „American Heart Association“) gesetzt wurden, begannen fünfzig Prozent öfter zu raufen als die unverändert schlemmenden Kontrolltiere. Das schien auch Cäsar schon geahnt zu haben, oder warum ließ er sich zu dem Satz hinreißen: „Laßt nur dicke Männer um mich sein“?
Doch so einfach geht das nicht, erläutert Kaplan. Das Gewicht und die Kalorienzufuhr der beiden Affengruppen blieben gleich. Weder waren die Diät haltenden Tiere mies gelaunt, weil sie hungerten oder an Untergewicht litten noch die Kontrolltiere sanftmütig, weil sie dank verkalkender Arterien zum Phlegma verdammt waren. Ebenso wenig trifft zu, daß biochemische Vorgänge bei der Senkung des Cholesterinspiegels die Versuchstiere wild machten. Die Diät haltenden Affen blieben während der Versuchszeit von zwei Jahren durchweg gleich aggressiv.
Was für die Affen stimmt, trifft auch für den Menschen zu, heißt es jetzt in einer weiteren Studie: In einer Analyse mit 25.000 Versuchspersonen wurden die Todesrate und -ursache von Patienten, die an verschiedenen Herzstudien teilgenommen hatten, untersucht. Ergebnis: Die Todesrate von Personen, die ihr Cholesterin gesenkt hatten, blieb genauso hoch wie die der unbehandelten Patienten. Zwar ging die Zahl jener, die an Herzversagen starben, deutlich zurück, doch starben sie 1,76mal öfter als die Patienten mit hohem Cholesterin an Selbstmord, Mord oder durch Unfälle. Die Mediziner sind baff und können sich das nicht erklären.
Einstweilen könnten allerdings schlaue Politiker nach dem Prinzip der alten Römer das Volk besänftigen. Mit „Brot und Spielen“ sorgte man damals für Ruhe im Land. „Cholesterin und Fernsehen“ muß es heute heißen! san
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen