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Archiv-Artikel

BRAUMEISTER. 18. OKTOBER 1937 – 31. AUGUST 2014 Dieter Leipold

VON PETER KOWALSKY

Eines Tages saß Dieter mit meiner Mutter und seiner Tochter zusammen, als er aus heiterem Himmel sagte, dass auf seinem Grabstein folgender Spruch stehen sollte: „Um den, der hier liegt, ist’s schade, denn er erfand die Bionade. Doch lieber trank er Schnaps und Bier, und drum liegt er hier.“

Dieter war sein Leben lang getrieben von der Neugier, Unentdecktes zu erkunden. Für seine Erfindungen hielt er viele Patente, die Bionade war nur eins. Gleichzeitig war er ein Verfechter von traditionellen Werten und Bodenständigkeit; er ließ sich nicht verbiegen.

Dieter hatte nicht nur das Herstellungsverfahren für Bionade erdacht, sondern auch gleich den Namen vorgegeben, ein Wortspiel aus „biologisch hergestellter Limonade“. Außerdem hatte er ein Bionade-Lied komponiert und die Bildmarke kreiert, auf die er auch bestand: „Ihr könnt machen, was ihr wollt, aber da muss ein roter Punkt rein.“

Zu Beginn von Bionade hatten wir Besuch vom Landesuntersuchungsamt, die sich ein Bild machen wollten, was genau wir da eigentlich tun. Dieter und ich saßen mit dem Herrn Dr. vom Amt zusammen, und dieser sagte: „Also, Herr Leipold, jetzt erzählen Sie doch mal, wie Sie die Brühe herstellen.“ Dieter: „Das ist keine Brühe, sondern eine gebraute Limonade.“ Herr Dr.: „Und was machen Sie mit der Brühe?“ Dieter: „Wenn Sie noch einmal Brühe sagen, stehe ich auf und gehe!“ Herr Dr.: „Was verwenden Sie denn für Rohstoffe für die Brühe?“ Dieter stand auf und ging. Auf einmal saß ich (mit hochrotem Kopf) mit dem Herrn Dr. allein da. Dieter Leipold konnte ein Dickkopf sein, wenn er von etwas überzeugt war – aber einer mit Humor.

Eines Tages kam ein japanischer Journalist und wollte mit Dieter ein Interview führen. Dieter mochte keine Interviews. Ich saß dabei. Der Journalist sprach sehr schlecht Deutsch, und Dieter hat die Fragen oft gar nicht verstanden und dem Japaner das mehrmals gesagt. Der Journalist blieb unbeeindruckt, worauf Dieter begann, mit fränkischem Dialekt zu antworten, dass ihn wiederum der Journalist nicht verstand. Das Interview ging noch etwa 15 Minuten, bis sich beide höflich voneinander verabschiedeten.

Obwohl er vor eigenen Meinungen sprühte, war er auch für neue Wege offen, die andere erdacht hatten. Als ich ihm von der Idee des „Bio Landbau Rhön“ erzählte – wir wollten einheimische Landwirte bewegen, die Rohstoffe für Bionade in der Region zu erzeugen –, hörte er sehr aufmerksam zu. Monate später, als die ersten Holundersträucher gesetzt wurden und die erste Gerste für Bionade auf den Feldern rund um unseren Heimatort Ostheim stand, kam er zu mir und sagte, das sei die beste Idee gewesen, die wir hatten.

Trotz seiner alten Werte hat Dieter Leipold mit seinen Erfindungen die neue Welt mitgeprägt. Und, in seiner eigenen Kombination aus Traditionalismus und Entdeckertum, hat er im Laufe seines Lebens großzügig und wissend sehr vielen Menschen geholfen.

Peter Kowalsky, 46, ist Dieter Leipolds Stiefsohn und erfand mit ihm Bionade