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Archiv-Artikel

BND-AFFÄRE: ES DROHT EIN UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS OHNE BISS Wer aufklären will, redet anders

Was wissen wir über die BND-Bagdad-Affäre? Ein Ex-Pentagon-Mitarbeiter behauptet, dass zwei BND-Leute an der Bombardierung eines Restaurants am 7. April 2003 in Bagdad aktiv beteiligt waren. Das wäre in der Tat ein Skandal und keineswegs achselzuckend unter Realpolitik zu verbuchen. Rot-Grün präsentierte sich damals international als Gegner des Irakkrieges. Dazu passt nicht, gleichzeitig US-Bomben ins Ziel zu lotsen. Man muss moralisch sehr unmusikalisch sein, um zu überhören, dass diese Bigotterie die rot-grüne Friedensrhetorik schrill übertönt. Allerdings – nur wenn dies so ist. Denn der jetzige Außenminister, Frank-Walter Steinmeier, und die frühere rot-grüne Regierung bestreiten, dass BND-Mitarbeiter in Bagdad dem US-Militär Zielkoordinaten geliefert haben. Es gibt also zwei konkurrierende Versionen. Das ist der Sachstand, der Rest Vermutung.

Das Parlamentarische Kontrollgremium PKG befasst sich mit dem Fall – und teilt Steinmeiers Version. Das ist nur mäßig verwunderlich, denn im PKG verfügt die große Koalition über eine Zweidrittel-Mehrheit. PKG-Mitglieder, die die dort ventilierten Informationen irgendwie anders beurteilen, müssen schweigen. Kurzum: Gerade wenn eine große Koalition regiert, ist das PKG ein sehr stumpfes Schwert.

All das spricht für einen Untersuchungsausschuss – schon um der großen Koalition zu zeigen, dass sie nicht machen kann, was sie will. Weil auch die Grünen dafür sind, wird es den Untersuchungsausschuss wohl geben. Das ist gut so, aber nur halb. Denn noch bevor der Ausschuss überhaupt beschlossene Sache ist, geht schon ein Hauen und Stechen los, das wenig Hoffnung auf Aufklärung macht. Die CSU tönt, sie wolle keinen „Kuschelgeheimdienst“, und will „schön sauber“ mitformulieren, was überhaupt untersucht werden darf. Will sagen: nichts Wichtiges. Die FDP möchte lieber allgemein über Grauzonen des Antiterrorkampfes plaudern als ans Licht zu fördern, was am 7. April 2003 in Bagdad geschah. Geheimdienst muss, so die FDP-Botschaft, geheim bleiben. Abblocken, bremsen, abwiegeln – Leute, die die Wahrheit an den Tag bringen wollen, reden anders.

STEFAN REINECKE