BLAMAGE IN BULGARIEN: RECHTSRADIKALER KANDIDAT GEHT IN STICHWAHL : Siderow, ein Mann der schrillen Töne
Nach der ersten Runde der Präsidentenwahlen in Bulgarien scheint schon so gut wie sicher, dass Amtsinhaber Georgij Parwanow den Bulgaren weitere fünf Jahre erhalten bleibt. Doch so rechte Freunde dürfte bei dem Ex-Chef der Sozialisten nicht aufkommen. Das liegt weniger an der niedrigen Wahlbeteiligung, die den Staatschef in die Stichwahl zwingt. Die Apathie der Wähler zeichnete auch schon frühere Präsidentenwahlen aus. Das eigentliche Problem ist nun eher Parwanows Herausforderer: der Nationalist Wolen Siderow, der mit Parolen wie „Türken und Roma raus!“ seiner Partei Ataka bei den Parlamentswahlen 2005 auf Anhieb zu acht Prozent der Stimmen verhalf.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten die etablierten Parteien reagieren müssen. Statt dessen spielten sie das Phänomen herunter. Fast schon krankhaft fixiert auf den EU-Beitritt am 1. Januar 2007, fand und findet es die Regierung vor allem wichtig, im westlichen Ausland mit immer neuen Erfolgen beim Kampf gegen die organisierte Kriminalität und die Korruption hausieren zu gehen. Doch den EU-Beitritt auch innenpolitisch zum Thema zu machen und die Ängste und Nöte vieler Bürger ernst zu nehmen, darin hat sie versagt. Nun stört einer wie Siderow das sorgsam gepflegte Bild.
Doch nicht nur die Ignoranz der Regierenden ist für das erneute Protestvotum verantwortlich. Versagt haben auch die rechten Oppositionsparteien: Verstrickt in Grabenkämpfe, einigten sie sich erst nach langem Gezerre auf einen Kandidaten. Dass viele rechtsliberal eingestellte Wähler diesen „Kompromiss“ mit Enthaltung oder gar einem Votum für Siderow sanktionierten, kann deshalb nicht überraschen.
Zwar könnte Siderow in der Stichwahl noch weitere Wähler mobilisieren. Dennoch sind seine Chancen minimal. Gleichwohl wäre es fatal, wenn die politische Elite einfach wieder zur Tagesordnung überginge. In zweieinhalb Monaten wird Bulgarien der EU beitreten. 20 bis 30 Prozent Stimmen für einen Rechtsradikalen – allen Haiders und Le Pens zum Trotz – sind da für Brüssel wahrlich keine Empfehlung. BARBARA OERTEL