BERLINER PLATTEN : Sternbuschweg kennen sich wieder mal aus im Riffwald
Ach ja, Gitarren, elektrische.
Aus irgendeinem Grund sind sie immer noch, nach all den Jahren, in der Lage, ein Seufzen auszulösen. Die Dinger sind einfach nicht totzukriegen und auch Sternbuschweg wissen das. Also führt „Mein Herz schlägt weiter jeden Tag“, der Song, der ihr neues, gleichnamiges Album eröffnet, den Hörer sofort hinein in einen dichten Wald aus Gitarrenriffs. Und so geht es fröhlich weiter, jedes neue Lied bringt neue Gitarren in nicht allen, aber doch allerhand Erscheinungsformen: klingelnde und brummende, leichte und schwere, glänzende und funkelnde, euphorische und depressive, jammernde und jubilierende Gitarren. Gitarren als breites Riff und im nervtötenden Solo, kräftig überdreht und kaum verzerrt, durch Effektgeräte modifiziert und durch die eigene Vergangenheit gejagt. Man könnte Einflüsse aufzählen und die historisch abgesicherten Assoziationen, bei Ride vielleicht anfangen und zurückgehen zu den Lemonheads, zu den Sonics oder den Byrds vielleicht sogar. Aber was soll das, denn das Erstaunliche ist doch vor allem, wie aktuell dieses Instrument immer wieder klingen kann, wenn es halbwegs geschickt mit einem modernen Lebensgefühl verknüpft wird.
Dazu beschwört das Berliner Quartett in seinen Texten zwar ein mittlerweile recht ausgelutschtes Urbangefühl herauf, in dem im Morgengrauen erste Straßenbahnen fahren. Aber mit Hilfe der richtigen Gitarre kann „die beste Zeit der Welt, die grad vergeht“, tatsächlich noch einmal, wieder einmal wahrhaftig werden. „Solange wir jung sind“ heißt ein Song und in der Tat: Wer noch einmal solche Gitarren spielt, darf auch noch einmal ungestraft so tun, als würde er niemals sterben.
Ja, wer solche Gitarren spielt, muss vielleicht sogar so tun: Denn schließlich gehören das eine und das andere ja wohl auch untrennbar zusammen, der Gitarre sei Dank. THOMAS WINKLER
Sternbuschweg: „Mein Herz schlägt weiter jeden Tag“ (Tumbleweed/Broken Silence) Konzert Mo. Bang Bang Club