BERLINER LANDESPOLITIK: NACHHALTIGKEIT GEHT NUR MIT DER LINKSPARTEI : Grüner Inhalt, rote Form
Mit diesem Ratschlag tut sich die grüne Spitzenkandidatin selbst keinen Gefallen. Wenn die Berliner SPD heute Abend über ihren künftigen Koalitionspartner auf Landesebene entscheidet – so riet Franziska Eichstädt-Bohlig –, dann solle sie „nach politischen Inhalten“ auswählen. Mal davon abgesehen, dass der Ruf nach Inhalten auch bei den Grünen meist erst dann kommt, wenn der Zug schon abgefahren ist: In Berlin deutet alles darauf hin, dass sich grüne Politik am besten ohne die Grünen umsetzen lässt.
Lange Zeit hat die bisherige und wohl auch künftige Berliner Oppositionspartei die Sanierung des maroden hauptstädtischen Etats ins Zentrum ihres Drängens auf „Nachhaltigkeit“ gestellt. Umgesetzt haben diese Politik allerdings nicht die Grünen, sondern ein rot-roter Senat. Möglich war das nur, weil mit der PDS der potenziell größte Kritiker einer solchen Politik in die Regierungsverantwortung eingebunden war.
In der politisch und gesellschaftlich noch immer stark gespaltenen Stadt sind viele der fälligen Sparentscheidungen nach wie vor in Ost-West-Kategorien codiert. Während dem Westen aber mit dem Untergang der hauptstädtischen CDU im Bankenskandal die politische Vertretung abhanden gekommen ist, könnte die Linkspartei im Osten auch und gerade nach den jüngsten Stimmenverlusten ein beträchtliches Protestpotenzial mobilisieren – wenn sie denn in die Opposition geriete.
Nörgelnde Grüne in der Regierung, protestierende Linke in der Opposition: Für den Regierenden Bürgermeister wäre das eine unbequeme Position. Weit vorteilhafter erscheint der Erhalt des Status quo. Die Linkspartei bleibt mit ihrer geradezu kaderhaften Koalitionsdisziplin eingebunden, und die grüne Opposition orchestriert die Regierungsarbeit mit nahezu inhaltsgleichen Vorschlägen, die sich lediglich in der Formulierung geringfügig unterscheiden. Hinzu kommt: Seinem aktuellen Bündnispartner kann Klaus Wowereit nur so lange mit einem Koalitionswechsel drohen, wie er ihn noch nicht vollzogen hat. Im Fall der Fälle stünden die Grünen allemal bereit. RALPH BOLLMANN