BERICHT ZUR „WIRKLICHKEIT DER ENTWICKLUNGSHILFE“: Mäßiges Produkt, gut vermarktet
Die Medienfixierung des Bundeskanzlers hat auf seine Entwicklungshilfeministerin abgefärbt. Heidemarie Wieczorek-Zeul vermarktet die Entwicklungspolitik. Und: Als Übrigbleibsel einer linken Gutmenschenriege in der SPD kann sie das sogar besser als ihr CSU-Vorgänger. Das Produkt „Entwicklungshilfe“ selbst jedoch hat dadurch nichts gewonnen: Der Haushalt des „Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit“ (BMZ) ist im Vergleich zu den Jahren unter der Regierung Kohl sogar noch geschrumpft.
Kein öffentlicher Auftritt, ohne dass die Ministerin auf den Schuldenerlass für die Entwicklungsländer zu sprechen kommt. Kein Wunder: Er ist ihr einziger Erfolg, der auch in den Medien als solcher gepriesen wurde. Dass der Erlass in seiner jetzigen Form zustande kam, ist tatsächlich einer deutschen Initiative beim G-8-Gipfel 1999 in Köln zu verdanken. Geschickt wird aber verschwiegen, dass den 60 bis 80 Millionen Mark, welche die Schuldenstreichung die deutsche Regierung jährlich kosten wird, Kürzungen von mehr als 100 Millionen Mark pro Jahr im Haushalt des Entwicklungshilfeministeriums gegenüberstehen.
Kaum eine Rede der Ministerin, kaum eine Studie aus dem BMZ, bei denen nicht die Begriffe „Armutsorientierung“ oder „Armutsbekämpfung“ fallen. Nur: Die Wirklichkeit sieht andes aus: Auch Rot-Grün setzt lieber auf High-Tech-Projekte, an denen die deutsche Wirtschaft mitverdient. Neue Wege geht die Regierung dagegen am liebsten vor laufenden Kameras. Wieczorek-Zeul reiste nach Kuba und schüttelte Alt-Revoluzzer Fidel Castro die Hand. Sie verstand es, eine Diskussion im Bundestag zu entfachen, ob man nichtdemokratische Regimes unterstützen darf. Darüber blieb den meisten verborgen, dass die deutsche Regierung gerade mal 3 Millionen Mark an Kuba überwiesen hat. An andere nichtdemokratische Länder wie China, mit denen die Bundesrepublik seit Jahren zusammenarbeitet, flossen dagegen 205 Millionen Mark.
Die Kürzung des BMZ-Haushalts um 8,5 Prozent dieses Jahr wurmt Wieczorek-Zeul enorm. Trotzdem schafft es die Ministerin, das Finanzloch wenigstens ein bisschen schönzureden. So wird auf Pressekonferenzen gerne betont, dass dieses Jahr 300 Millionen Mark in den Stabilitätspakt für Südosteuropa flossen – im Gegenzug zu den gut 600 Millionen Mark, die das BMZ nun weniger hat. Polemisch müsste man es aber so ausdrücken: Afrika bezahlt den Wiederaufbau des Balkans. Die Medienpräsenz der Entwicklungsministerin ruft zwar das Thema ins Bewusstsein der Bevölkerung, was gut ist. Sie hat aber auch eine gefährliche Folge: Sie täuscht Aktivität vor, wo gar nichts passiert.
KATHARINA KOUFEN
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen