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Archiv-Artikel

BEGRIFFE WIE WORK-LIFE-BALANCE HELFEN MÄNNERN NEUE ROLLEN FINDEN Teilzeitarbeit ist keine Kastration

Teilzeitarbeit für Männer. Heikles Thema. Mit dem Wort „Teilzeitmann“ schürten die Sozialpolitiker Kastrationsängste. Auch der Begriff des „Hausmannes“ war ein Killer für das gleichnamige Modell. Denn Worte erwecken Bilder und damit kommen die Gefühle, die Bewertungen, eingeteilt in das Winner-Loser-Prinzip.

Die Bundesfamilienministerin versucht schon seit längerem, die Begrifflichkeit zu modernisieren. Wir brauchen eine bessere „Work-Life-Balance“, heißt es jetzt – also eine bessere Kinderbetreuung, mehr Teilzeitjobs, auch für Männer, um höhere Geburtenraten und eine höhere Produktivität in der Wirtschaft zu erzielen. Das sagt auch die gestern vorgelegte Studie. Das Ergebnis ist zwar wenig überraschend. Interessant aber ist die Tatsache, dass ein als „weiblich“ besetzter Bereich, nämlich die Familiensphäre, zunehmend mit der Wirtschaft verbunden, also gewissermaßen „vermännlicht“ wird. „Work-Life-balance“ – das klingt zwar immer noch ein wenig nach Brigitte-Diät, aber eben auch nach soft skills, new leadership, also nach Management, nach internationaler Männerwelt.

Ob das hilft, ist eine andere Frage. Nach wie vor machen viele Männer, die Väter geworden sind, erst recht mehr Überstunden. Teils wegen des Geldes, aber auch, weil sich die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern nach einer Geburt erst recht polarisiert. Eine reduzierte Arbeitszeit wollen manche Männer erst einige Jahre später, wenn die Scheidung ansteht – um Arbeit und Verdienst herunterzufahren, damit die Ex nicht so viel Unterhalt kassiert.

Neue Begrifflichkeiten sind trotzdem gut. Die den Männern bislang verordneten Rollenmuster halten sich nämlich gerade in wirtschaftlich klammen Zeiten besonders hartnäckig. Männer, die glauben, nichts wert zu sein, wenn sie nicht die Rolle des Aufsteigers ausfüllen – dieses Rollenmodell kann zur Heimsuchung werden. Womit man wieder beim Wort „Heim“ angekommen wäre, bei der richtigen Work-Life-Balance eben. BARBARA DRIBBUSCH