BAHMAN NIRUMAND ÜBER DIE SCHWIERIGKEITEN DES IRANISCHEN REGIMES : Zum Jubeln bestellt
Noch funktioniert im Iran der Machtapparat, noch ist das Regime in der Lage, Millionen von Menschen zu mobilisieren. Doch der Einsatz beider Instrumente wird schwieriger.
Während zu Beginn der Protestbewegung im Juni vergangenen Jahres das Regime glaubte, mit dem Einsatz der Basidschi-Milizen und der Polizei die Lage unter Kontrolle bekommen zu können, müssen jetzt die Militärs, die Revolutionswächter und paramilitärische Kräfte hinzukommen. Und auch mit der Massenmobilisierung will es nicht mehr so recht klappen: Man muss in immer entfernter liegende Dörfer fahren, um Leute, die von den Vorgängen in der Hauptstadt keine Ahnung haben, mit Bussen und Lastwagen zur Kundgebung nach Teheran oder in andere Großstädte zu karren. Auch mit dem Verbot sämtlicher kritischer Zeitungen, Einschränkung der Internet-Verbindung bzw. des Mobilfunks und der Monopolisierung des Fernsehens und Rundfunks durch den Staat kam man nicht zum erwünschten Ergebnis.
Es ist ein Irrtum, dem alle Diktaturen unterliegen, wenn sie meinen, gesellschaftliche Probleme ließen sich mit Gewalt, Einkerkerung der politische Aktivisten, Folterungen und Erschießungen bezwingen. Auch der Trick, den die Machthaber im Iran jahrelang mit dem Aufbau äußerer Feinde angewendet haben, um von inneren Problemen abzulenken, zieht nicht mehr. Die überwiegende Mehrheit im Iran lässt sich nicht mehr von großmäulig angekündigten vermeintlichen Erfolgen bei der Entwicklung der Atomindustrie locken. Sie weiß, dass die wirtschaftliche Katastrophe, die soziale Misere hausgemacht sind und dass die massiven Einschränkungen der politischen Rechte der Bürger nicht von Washington oder Brüssel und auch nicht von Tel Aviv verordnet wurden.
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