Autorin fordert Minderheiten-Quote im TV: "Arischer als die Wirklichkeit"
Drehbuch-Autorin Philippa Ebéné fordert eine Quote für Minderheiten im Fernsehen - vor und hinter der Kamera. Das deutsche Programm hat nämlich nur weiße Helden.
2005 lebten in Deutschland etwa 15 Millionen Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund. Acht Millionen von ihnen sind Deutsche. Das sind knapp zehn Prozent aller Bürger. Und da hat Philippa Ebéné mal eine Frage: "Wie kann es sein, dass eine Sendung hundertprozentig weiß ist?" Sie sagt: "Wir kommen einfach so gut wie nicht vor. Und ich unterstelle, dass das nicht absichtslos und damit harmlos ist."
Ebéné ist Drehbuchautorin und Kuratorin der Berliner Kino-Filmreihe "African reflections -female directors in cinema". Und wenn sie "wir" sagt, meint sie Angehörige ethnisch-kultureller Minderheiten in Deutschland. Sie fordert nun eine Quote für Hauptdarsteller, Drehbuchautoren und Regisseure mit Migrationshintergrund und anderer Angehöriger sichtbarer Minderheiten. "Ich bin dafür, dass die Sender dazu verpflichtet werden. Denn man fragt sich doch, warum sich deutsche Redakteure dafür entscheiden, dass ihre Sendungen 'arischer' sein müssen als die Wirklichkeit."
Sie sagt, sie kenne "keine afrodeutsche Heldenfigur, die selbstverständlich in Erscheinung tritt. Schwarze Figuren müssen scheinbar als schwarz markiert werden, um überhaupt vorkommen zu dürfen." Mit "schwarzen Kleinkriminellen oder Opfern von Rassismus, Beschneidung oder Hunger" fühle man sich offenbar wohler "als mit handlungsaktiven schwarzen Heldinnen und Helden". Filmemacherin Winta Yohannes, Mitglied des Vereins "Schwarze Filmschaffende in Deutschland", sagt: "Die schwarzen Statisten", etwa in romantischen Afrika-Kitsch-Filmen, "sind nur Kulisse für die Heldengeschichten der Weißen". Und Drehbuchautorin Anne Benza-Madingou, die fordert, dass in den Sendern Ansprechpartner mit Milieukompetenz sitzen müssten, ergänzt: "Mal drüber nachgedacht, dass auch jemand wie 'Der Landarzt' eine andere Hautfarbe als Weiß haben könnte?"
Nicht nur eine Reise durchs deutsche Vorabendfernsehen (siehe taz von gestern), sondern auch kommunikationswissenschaftliche Studien belegen, dass sichtbare Minderheiten von den Massenmedien wenig berücksichtigt werden. Doch ist das Problem nur die quantitative Ungleichheit? Dass also relativ wenige schwarze Schauspieler ein- und wenige Themen von afrodeutschen Autoren umgesetzt werden? Oder werden schwarze Fernsehmacher auch diskriminiert? Philippa Ebéné berichtet, eine afrodeutsche Autorin habe ein Drehbuch ändern müssen, weil die Hauptfigur schwarz gewesen sei - in Deutschland müsse eine Heldin aber weiß sein. "In England passiert so etwas nicht", sagt sie. "Da weiß jeder: Wenn man fordert, eine schwarze Figur weiß zu machen, wird man verklagt. Ein anständiger englischer Rassist weiß, dass er einer ist. Ein deutscher kriegt das gar nicht mit."
"Ich behaupte", sagt sie, "dass dieser Blick ein kolonialer Blick ist und dass er sich nur dadurch ändert, dass man den Leuten, die sich auskennen, ein bisschen mehr Platz einräumt." Und Anne Benza-Madingou sagt, es gehe um die Darstellung des Selbstverständlichen. Minderheiten seien Teil des deutschen Alltags. Sie fragt: "Was ist so schwer daran, das abzubilden?"
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