Auto-Zulieferbranche: Protest gegen Conti-Vorstand
Französische und deutsche Arbeiter demonstrieren gemeinsam gegen Werksschließungen. Conti-Chef Neumann verkündet weitere Hiobsbotschaften.
Ein kleiner Ausläufer französischen Arbeiterprotestes brandete gestern durch die Straßen von Hannover. 1.500 französische Conti-Arbeiter aus Clairoix und Saargemünd kamen am Morgen mit einem Sonderzug und mit Bussen in Hannover an, um die Hauptversammlung des Reifenherstellers und Autozulieferers zu besuchen.
In schwarzen Blousons mit conti-gelben Armbinden und mit Trillerpfeifen oder Kuhglocken strömten die französischen Reifenarbeiter lärmend aus dem Hauptbahnhof. In Frankreich hatten sie zwei Tage zuvor noch das Innere einer Unterpräfektur ramponiert, nachdem ein Gericht die Klage gegen die Schließung eines Conti-Werkes in Clairoix abgelehnt hatte.
Beim Marsch zur Stadthalle waren auch 1.500 deutsche Gewerkschafter dabei und der Anmelder des Aufzuges betonte: "Auflage ist, niemand zu behindern." Bei der Demonstration blieben alle befürchteten Zwischenfälle aus. Lediglich ein halbes Dutzend Protestierende zog später in die Hauptversammlung. Als dort ein französischer Arbeiter den Conti-Chef Karl-Thomas Neumann als "Arschloch" bezeichnete, entschuldigte sich ein deutscher Kollege für ihn.
1871 in Hannover als Aktiengesellschaft gegründet
von 1875 bis 1914 stieg die Zahl der Beschäftigten von 250 auf 13.000
heute trägt der weltweit viertgrößte Reifenhersteller rund 146.500 Arbeitnehmer, davon 45.000 in Deutschland
etwa die Hälfte der deutschen Belegschaft steht ab Mai in Kurzarbeit
Neumann hatte allerdings zuvor Hiobsbotschaften für die Beschäftigten verkündet. Angesichts des weltweiten Rückgangs der Autoproduktion, "müssen wir auch das Haus Continental kleiner machen", sagte er. Neumann bekräftigte die Absicht, die beiden Reifenwerke in Clairoix und Hannover zu schließen. Nach seinen Angaben hat Conti seine weltweite Beschäftigtenzahl von Januar bis Ende März von 140.000 auf 133.000 reduziert. Die Zahl der deutschen Conti-Beschäftigten in Kurzarbeit wird im Laufe des April von 20.000 auf 25.000 steigen.
Neumann schloss zudem "weitere Restrukturierungen" ausdrücklich aus. Man werde "in absehbarer Zeit aus strukturellen Gründen an immer mehr Stellen mit Kurzarbeit nicht mehr weiter kommen", drohte er. Zugleich kündigte der Vorstandsvorsitzende binnen 100 Tagen ein neues strategisches Gesamtkonzept für das Unternehmen an.
Die Beschäftigten haben davon nichts Gutes zu erwarten.
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