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Ausländeramt verhindert Ehe

■ Staatenloses kurdisches Paar aus Libanon darf nicht zusammenziehen

Wie andere frischverheiratete Paare wollen Chams (21) und Sedan Al-Zein (22) zusammenwohnen. Genauer: Chams will von Unna zu ihrem Mann nach Bremen ziehen. Beide sind kurdische Libanesen und haben für Nordrhein-Westfalen bzw. Bremen eine Aufenthaltsbefugnis. Die gestattet ihnen zwar eine gewisse Bewegungsfreiheit innerhalb Deutschlands, nicht aber den Umzug in ein anderes Bundesland. Umziehen dürfen Aufenthaltsbefugte nur, wenn sie verheiratet sind. Das sind Chams und Sedan: Am 14. März haben sie vor dem islamischen Zentrum in Bremen geheiratet. Das reicht der Ausländerbehörde aber nicht: Die Ehe müsse vor dem Standesamt geschlossen werden.

Liebend gerne würden Chams und Sedan vors Standesamt ziehen. Dafür müssen sie ein Ehefähigkeitszeugnis und eine Ledigkeitsbescheinigung aus der Heimat vorlegen, außerdem Reisepaß, Personalausweis, Geburtsurkunde... KurdInnen aus dem Libanon jedoch erhalten von ihrer Botschaft all diese Bescheinigungen nicht: Der Libanon erklärt sich für diese seine Minderheit nicht zuständig. Chams und Sedan sind also staatenlos, haben lediglich einen sogenannten „Laissez passer“-Schein. Also können sie nicht standesamtlich heiraten, also erlaubt Bremen nicht den Zuzug der Ehefrau. Die Zeit drängt, Chams ist im neunten Monat schwanger.

„Die Ausländerbehörde weiß seit mindestens 1980, daß staatenlose Kurden Schwierigkeiten haben, hier zu heiraten“, sagt der Rechtsanwalt des Paares, Karim Popal. Die Anerkennung der islamischen Heirat liege durchaus im Ermessen der Behörde. Die Ausländerbehörden etwa in Oldenburg und Hannover hätten islamisch geschlossene Ehen von LibanesInnen anerkannt. Mit ihrem Nein verstoße die Bremer Ausländerbehörde gegen Grundgesetz und Menschenrechtskonvention, wonach Ehe und Familie unter Schutz stehen.

Das Bremer Verwaltungsgericht würde, so Popal, gerne positiv entscheiden, könne aber nichts unternehmen: Die Nichtanerkennung der islamisch geschlossenen Ehe sei eine sogenannte „unselbständie Verfahrenshandlung“ der Ausländerbehörde, also ein rein interner Vorgang. Dagegen könne man keine Rechtsmittel einlegen. Das Paar müßte schon eine üblicherweise ein bis zwei Jahre dauernde Klage auf Härtefallregelung anstrengen. „Solange müßte die Mutter den Säugling allein aufziehen“, sagt der Rechtsanwalt. Oder sie zieht illegal nach Bremen. Dann bekäme sie aber keine Sozialhilfe und sei nicht krankenversichert. cis

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