■ Aus polnischer Sicht: FKK
Das föderale Konsolidierungskonzept droht in breiten Schichten der Gesellschaft eine erzwungene Freikörperkultur zu verursachen. Eine Alternative zur weiteren Verarmung der Armen gibt es offenbar nicht, da die Reichen die Last tragen müssen und die Mittelschichten auf der Flucht vor der Armut einen Ansporn zu mehr Leistung bekommen sollen. So entpuppt sich die Alternative Sozialismus oder Kapitalismus als die Wahl zwischen Vatermord und Muttermord. Egalitarismus führt zu einer Katastrophe, was nicht nur die Beispiele der ehemaligen, sondern auch der jetzigen „sozialistischen“ Gesellschaften (Kuba, Nordkorea) sichtbar machen. Eine sozial gerechte Leistungsgesellschaft aufzubauen erinnert stark an die Quadratur des Kreises.
Unter den realkapitalistischen Umständen haben die Politiker wahrscheinlich keine andere Wahl, als sich zu verkaufen. Die Hauptfrage lautet wie immer: Wieviel? Die wirklich Begabten sind so oder so in der Wirtschaft oder im Showbusiness und verdienen das Vielfache. So müssen die negativ Ausgewählten (der parlamentarische Ausschuß) wenigstens einen Teil der Nachteile durch die Ausnutzung ihrer Lage auszugleichen versuchen.
Was in dieser Hinsicht in Deutschland passiert, ist jedoch ein Kindergarten, nimmt man Polen als den anzustrebenden Maßstab: Der ehemalige Vize- Kulturminister versucht sich im illegalen Handel mit Plutonium, einige Parlamentarier heben gleich zwei Hände, wenn bei der Abstimmung der Nachbar fehlt, einige Tage vor den überraschenden Änderungen der Zollbestimmungen, die nur einigen hohen Regierungsbeamten bekannt waren, wird das Hundertfache der üblichen Menge der betroffenen Ware eingeführt. Leider wird man in Deutschland über diese neuartigen Ideen des Nachbarlandes allzu spärlich informiert, so daß die deutschen Kollegen den polnischen Pionieren in der Entwicklung der politischen Nebenleistungen weit hinterher hinken. Zwar versuchen sie das mit Diätenerhöhungen und Werbungsaufträgen wettzumachen, mit solchen Amateurmethoden rücken sie jedoch niemals zur Weltspitze auf. Piotr Olszowka
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