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■ Aus der guten alten ZeitChinas Beamte werden Umweltmanager

Den eiszeitlichen Nomaden ging das Großwild aus, der Athener Platon klagte über den fehlenden Wald. Wer war schuld an solchen Umweltkatastrophen? Als die europäischen Kulturen christlich wurden, mußten sie die Natur sogar im Auftrag Gottes unterwerfen. In weniger christlichen Gegenden war die religiöse Pflicht zur Ausbeutung der Ressourcen schwächer ausgeprägt. Doch auch hier entzogen sich die Menschen durch ihr eigenes Wirtschaften die Lebensgrundlage.

In China entstand zwischen dem achten und dem dritten vorchristlichen Jahrhundert ein komplexes soziales und wirtschaftliches System. Zahlreiche Schriften über Märkte, Handel und die Gründung neuer Städte belegen dies. Aber auch der Druck auf die natürlichen Ressourcen wuchs. Ab dem siebten Jahrhundert vor Christus schon berichten Schreiber über vereinzelte, lokale Hungersnöte. Im vierten Jahrhundert dann nahm der Hunger Krisenausmaße an: „In guten Jahren führen sie [die Bauern] ein bitteres Leben, in schlechten Jahren entkommen sie dem Untergang nicht“, so steht es in einer alten Schrift.

Viele Historiker behaupten gern und oft, es sei allein das Bevölkerungswachstum, das die natürlichen Ressourcen ruiniere. Doch läßt sich an dem chinesischen Beispiel zeigen, daß es vor allem politische und gesellschaftliche Strukturen waren, die zur Umweltkrise beitrugen. Verschiedene chinesische Herrscher bekriegten sich oft und heftig. Die Landbevölkerung litt unter hohen Abgaben, die die Vorratsbildung oft unmöglich machten. Das Steuersystem gab den Bauern einen Anreiz, ihre Familien zu vergrößern, da sich so die Belastung auf mehr Köpfe verteilen ließ. Immer schlechteres Land wurde bebaut; der Boden war erschöpft. Beim kleinsten Anlaß, wenn zum Beispiel mal der Regen ausblieb, kam es zur Ernährungskrise.

Die Herrscher reagierten modern: Sie schufen neue Ämter, die die vorhandenen Ressourcen, Wälder und fischreiche Gewässer etwa, schützen sollten. Und sie investierten in die Forschung. In dieser Zeit entstanden in China zahlreiche Schulen, die sich nicht zuletzt mit landwirtschaftlichen Techniken befaßten. So konnten sie unter anderem neue Düngemethoden einführen. Kanäle und Bewässerungssysteme wurden allerorten gegraben. Neue Werkzeuge aus Eisen – Spaten, Hacke und Pflug – wurden eingeführt, und die landwirtschaftliche Produktivität stieg enorm. Von Hunger liest man eine Zeitlang kaum noch.

Doch so leicht ist das Management der Natur nicht. Die Lösung der Ernährungsprobleme erzeugte neue Umweltkrisen. Denn für das viele Eisen, das nicht nur für Werkzeuge, sondern auch für Waffen geschmolzen werden mußte, brauchte man viel Holz. Die Wälder Chinas fielen der Entwicklung zum Opfer. Nicola Liebert

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