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Archiv-Artikel

Aufs Langzeitgedächtnis hoffen

betr.: „Heldenlieder für die deutsche Jugend“, „Walter Jens und die NSDAP“, taz (Kultur) vom 9. 12. 03

Damit das einmal klar ist: Wenn ich damals in dem Alter von Jens gewesen wäre, hätte ich mich sehr wahrscheinlich auch mit den herrschenden Strukturen arrangiert. Jedenfalls habe ich heute nicht das Recht, als später Geborener lauthals zu behaupten, ich hätte in Hitlers Deutschland selbstverständlich zu den Heroen gehört, die lieber Friedhofsgärtner geworden wären als Heldentenor.

Nur es ist umgekehrt nicht nachvollziehbar, dass ein Wissenschaftler (alles Rhetorik oder was?), der einerseits für voll genommen werden will, andererseits frech behauptet, er könne sich nicht erinnern. Und außerdem: Wo sind wir denn? Ich bin jetzt 61 Jahre alt, stehe voll im Berufsleben. Ich weiß zwar nicht mehr, wie oft ich als 18-Jähriger Brötchen gekauft habe, aber ich weiß genau, bei welchem Bäcker. Und das werde ich auch noch wissen, wenn ich mal so alt bin wie Johannes Heesters. Im Übrigen, Herr Jens, mit zunehmendem Alter soll ja das Langzeitgedächtnis zunehmen. Sie haben also noch eine Chance. Einfach zuzugeben (Jugendsünde) wäre glaubwürdiger gewesen. HEINZ MUNDSCHAU, Aachen