Auflagen für Demo in Biblis: Startverbot für Luftballons
Das Kampagne-Netzwerk Campact wollte mit 20.000 Luftballons vor den Atomreaktoren in Biblis demonstrieren. Doch Betreiber RWE störte der Aufdruck "Tödliche Nachbarn". Er ließ die Demo verbieten.

Ist nix für die AKW-Betreiber: Luftballons gegen die Atomkraft. Bild: ap
BERLIN taz | Der Stromkonzern RWE hat Atomkraftgegnern verboten, in der Nähe der beiden Reaktoren in Biblis mehr als 20.000 Luftballons mit der Aufschrift "Tödliche Nachbarn" zu starten. Mit der Aktion am 28. Mai wollte das Netzwerk Campact auf die Gefahren durch die beiden AKWs im Falle eines Terroranschlags oder GAUs aufmerksam machen. Die schwarz-gelben Ballons sollten zeigen, wohin eine radioaktive Wolke wehen würde.
Zunächst habe RWE die geplante Aktion prüfen wollen, sagt Campact-Geschäftsführer Christoph Bautz. Dann habe der Konzern den Start der Ballons vor dem Atomkraftwerk untersagt, da es laut Bautz "in der Belegschaft massive Existenzängste gebe und RWE nicht für unsere Sicherheit hätte garantieren können".
Als das Kampagne-Netzwerk einen Platz hinter dem AKW ausgesucht hatte, untersagte der Stromkonzern, dem die Ländereien im Umfeld der beiden AKWs gehören, komplett. "Der Konzern befürchtet wohl, dass wir auf die Risiken der beiden Uralt-Reaktoren aufmerksam machen", sagt Bautz. Ein RWE-Power-Sprecher entgegnet, dass die Diskussion über die Nutzung der Kernenergie "richtig und auch dringend geboten" sei. Auch seien "unterschiedliche Auffassungen darüber "durchaus legitim", weshalb der Konzern auch zur Demonstration Ende April sein Gelände rund um die Reaktoren zur Verfügung gestellt habe.
Nicht einverstanden zeigt sich der Stromkonzern allerdings mit dem Schriftzug "Tödliche Nachbarn" auf den Luftballons. "Das halten wir für pure Angstmacherei", sagt der Konzern-Sprecher. Zudem sei eine solche Aktion "für unsere Mitarbeiter nicht akzeptabel - sie vertreten die Haltung, dass unsere Kernkraftwerke sicher sind".
Campact prüft nun rechtliche Schritte und sucht gleichzeitig nach einem anderen Startpunkt für die Luftballons. Die Suche nach Alternativen könnte die Aktion auch nach Krümmel oder Brunsbüttel führen. Angedacht ist ein AKW-Standort, "der nicht von RWE betrieben wird und an dem der Reaktor nach dem Atomausstiegsplan auch bald vom Netz gehen müsste", erklärt Bautz.
Leser*innenkommentare
RBL
Gast
Also müssen wir jetzt dankbar sein, dass RWE uns am 24.04. auf ihren Parkplatz vor dem Wassergraben gelassen um mit 20.000 Menschen zu demonstrieren und anschließend das AKW-Gelände mehrfach zu umzingeln?
Ok, sich als "tödliche Nachbarn" titulieren zu lassen und dies durch eine Luftballonwolke vom Werksgelände zu dokumentieren konnte mal wohl kaum erwarten.
Aber das ändert nichts daran, dass die Zeitbombe tickt. Es ist nur jedem zu empfehlen, den sehr sachlichen Bericht von Greenpeace zur Sicherheitslage in Biblis zu lesen (-> campact Link). Dann werden die tödlichen Gefahren konkret.
Norbert Schütz
Gast
Eigentlich war das ja irgendwie nicht anders zu erwarten. Öffentlichkeit und Demokratie wird in diesen profitgeilen Machenschaften von Tag zu Tag immer schneller auf Null reduziert. Ich hoffe, daß die Aktion trotzdem irgendwie stattfindet.
Sven
Gast
"Oder gibt es ein Gesetz, das Luftballon-steigen-lassen verbietet?". Ja, das gibt es gewissermaßen. In Dresden war dies vor kurzen relevant beim Fussballspiel Dynamo Dresden - Carl Zeiss Jena. Dort wollten die Ultras Dynamo Luftallons aufsteigen lassen. Doch ab 500 Stück (und bei einigen anderen Gründen) ist dafür nach §16a LuftVO die Einholung einer Flugverkehrskontrollfreigabe bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH erforderlich. Da an diesem Tag wegen der Aschewolke der Luftraum sowieso gesperrt war, war dies nicht mehr erforderlich geworden, aber es zeigt, dass die 20.000 Ballons nicht "einfach so" aufsteigen können.
Maya
Gast
Es geht um die Versammlung AUF RWE-Gelände. Deshalb hat RWE da eben ein Wörtchen mitzureden.
Zeit aber letztlich auch bloß, dass man auf deren "Hilfe" verzichten kann.
MTK
Gast
Naja, natürlich muß RWE nicht erlauben, daß sowas auf deren eigenem Gelände stattfindet. Da haben die einfach Hausrecht. Aber es müsste doch möglich sein, ein geeignetes privates Gelände in der Nähe der AKW zu finden.
Atomschnecke
Gast
Wie wärs mit Ballons gengen die Todesmaschine Auto ?
Max
Gast
Ich wette Campact hätte der taz gerne ein Foto des Originalluftballonaufdrucks (um den es ja auch geht) zur Verfügung gestellt - damit man sieht um was es *genau* geht.
Immerhin ist ein Anti-Atom Luftballon auf dem Bild und nicht einfach irgendein Luftballon.
@Ned
Gast
Naja, das Grundstück auf dem die Demo stattfinden soll scheint ja RWE zu gehören (wie im Artikel zu lesen), in sofern nicht so empörend wie es ursprünglich klingt.
Dirk
Gast
Besonders schön auch:
'Zudem sei eine solche Aktion "für unsere Mitarbeiter nicht akzeptabel - sie vertreten die Haltung, dass unsere Kernkraftwerke sicher sind"'
und
""in der Belegschaft massive Existenzängste gebe und RWE nicht für unsere Sicherheit hätte garantieren können"."
Heißt also: Unsere Mitarbeiter würden durch die Ballon-Aufschrift so verwirrt, dass sie durchdrehen und Euch die Köpfe einschlagen werden. Davor müssten wir Euch schützen. Das können wir aber nicht ;-)
Ned Rise
Gast
Hallo? Wo sind wir denn? Da gefällt RWE ein Aufdruck auf Luftballons nicht und schon wird eine Demonstration verboten? Da sieht man mal wieder, wer in diesem unserem Land wirklich das Sagen hat. Ekelhaft!
Trotzdem
Gast
Man kann die Aktion doch trotzdem machen. Oder gibt es ein Gesetz, das Luftballon-steigen-lassen verbietet?