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Archiv-Artikel

Auf die Knie gezwungen

betr.: „Dalai Lama sagt seinen Auftritt ab“, taz vom 15. 9. 08

Jetzt tritt der Dalai Lama doch nicht in Berlins neuer Spielstätte O2 World auf. Geworben wird noch heute auf allen einschlägigen legalen und illegalen Plakatflächen mit dem üblichen, etwas gequälten Lächeln und den zur Anbetungsgeste zusammengelegten Händen. Der Event wurde ausgerichtet von einer gemeinnützigen GmbH. Tickets waren laut Internet zu Preisen zwischen 20 und 105,50 Euro zu haben, wenn man sich nicht preiswerter bei Ebay eindeckte.

Die Plakate verkünden auch, „S.H.“ Dalai Lama beehre unsere Stadt. Wer in unserer säkularen Stadt weiß schon, was „S.H.“ heißt? Seine Heiligkeit? Das wird dann aber nicht ausgeschrieben, was mehr über den alten Mann aussagt, als er vielleicht am Ostbahnhof zu verkünden bereit gewesen wäre.

Erst Anfang Mai fand sein letzter Besuch in Berlin statt im Rahmen der Tibet-China-Kampagne zur Vorbereitung der Olympischen Sommerspiele, natürlich vor dem Brandenburger Tor (Obama durfte das nicht). Hinter der Bühne war ein Zelt aufgebaut. Berlins Politiker und sonstige Prominente strömten herbei, um dem Weltreisenden in Sachen Frieden und Selbstbestimmung die Hand zu drücken und sich dabei, für alle Fälle, fotografieren zu lassen. Der Dalai Lama war müde, was jedem in seinem Alter zusteht. Eine Erfrischung wurde gereicht, eine Schale mit Tee. Eine junge Frau aus seinem Gefolge brachte ihm diesen Tee. Über viele Meter in Richtung auf Seine Heiligkeit auf den Knien rutschend, überreichte sie die Schale und zog sich dann auf den Knien rutschend, immer in seine Richtung blickend, wieder zurück.

Ich kann mir nicht helfen: Für mich ist dieser Vorgang Ausdruck der inneren Einstellung dieses Mannes. Ich glaube ihm nichts. Wer die Selbstbestimmung einer jungen Frau auf die Kniee zwingt, soll zumindest mir nicht zur „Wissenschaft vom Glück“ sprechen. Gut, dass er zu Hause bleibt. DIETER HOFFMANN, Berlin