: Auf die Gerüchte folgen die Dementis
Niemand aus der FDP hege Gelüste, zur SPD zu wechseln, behauptet FDP-Chef Wolfgang Gerhardt. Und außerdem sei das Verhältnis zu Finanzminister Theo Waigel auch wieder im Lot ■ Aus Bonn Karin Nink
Bei der Heftigkeit, mit der FDP- Chef Wolfgang Gerhardt gestern Gerüchte um Überläufer zur SPD dementierte, ist nicht auszuschließen, daß in der Tat Liberale darüber nachdenken, zur SPD zu wechseln. Und sei es nur, weil sie ihre Pensionsansprüche als Abgeordnete sichern wollen. Schließlich weiß keiner, wie lange es die FDP noch geben wird. Gerhardt dementiert: „Kein einziger Kollege aus der FDP-Fraktion“ wolle zur SPD wechseln. „Wir werden der SPD keine Fremdenlegion bieten.“ SPD-Fraktionsvorsitzender Rudolf Scharping könne keine Namen nennen, deswegen solle er nicht weiter Gerüchte verbreiten und „dieses miese Spiel sofort beenden“, forderte Gerhardt.
Aus dem sozialliberalen „Freiburger Kreis“ um die zurückgetretene Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, der in der Vergangenheit heftige Kritik an der wirtschaftsliberal geprägten FDP-Fraktion geübt hat, will sich zur Zeit niemand der SPD anschließen. Die Gruppe hat am Wochenende getagt und beschlossen, sich künftig nicht nur auf die Bürgerrechtsthematik zu beschränken, sondern auch andere Themen verstärkt aufzugreifen. „Wir wollen den Freiheitsbegriff der Liberalen nicht einengen“, betonte der ehemalige Innenminister Gerhart Baum. Bei der Sitzung, an der mit 170 Leuten „so viele wie noch nie“ teilgenommen hätten, habe eine Koalitionsdiskussion überhaupt keine Rolle gespielt, versicherte er.
Begrüßt wurde von den Bürgerrechtsliberalen die Abfuhr, die die Nationalliberalen um den ehemaligen Generalbundesanwalt Alexander von Stahl bei den Berliner Vorstandwahlen erfahren haben. „Damit ist aber eine Unterwanderung der FDP noch nicht gebannt“, warnt Baum. Deswegen will der „Freiburger Kreis“ bei dem nächsten Parteitag eine „klare Abgrenzung“ zu den Nationalliberalen durchsetzen.
In der Koalitionsauseinandersetzung um die Senkung des Solidaritätszuschlages ab 1997 will die FDP hart bleiben und gibt sich zuversichtlich, eine Kürzung des Zuschlages in einer Größenordnung, die „nicht als Minimalgröße beschrieben werden kann“, durchsetzen zu können. Parteichef Gerhardt sagte: „Dem Koalitionspartner ist klar, daß das für uns ein wichtiger Punkt ist.“ Er verwies auf die Koalitionsvereinbarungen, wonach der Zuschlag für den Aufbau Ost eingesetzt werden soll. Die Zahlungen dafür gingen aber deutlich zurück. Im übrigen habe die CSU mitgeteilt, daß Finanzminister Waigel die ihm zugeschriebene Zeitungsäußerung nicht gemacht habe. Waigel soll von einem Ende der Koalition gesprochen haben, wenn die FDP auf einer Kürzung des Solidaritäszuschlags bestehe.
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