■ Auf dem Weg nach Westen ist Ungarn allen voran: Stabilität und frühe Reformen
Bei der Eigentumsumwandlung scheinen die ungarischen Verhältnisse von allen osteuropäischen Ländern die beruhigendsten zu sein. Das ist in erster Linie Konsequenz exekutiver und politischer Stabilität. Allerdings waren in Ungarn schon vor dem politischen Systemwechsel die Unternehmen autonom geworden. Ausgehend davon folgte man der Methode einer wirtschaftlichen Umgestaltung auf Initiative der Unternehmen, so daß die Privatisierung bereits Ende der achtziger Jahre begann.
Weil die Staatsunternehmen die Marktverhältnisse recht früh zur Kenntnis nahmen, wurden ausländische Unternehmer auch nicht zum Hauptziel aufgepeitschter nationalistischer Gefühle. Gleichzeitig konnten sie sich im Rahmen einer Rechts- und Finanzordnung bewegen, die schon ansatzweise umgestaltet und „europäisiert“ waren. So flossen 55 Prozent des bis Ende 1992 in die mittelosteuropäische Region investierten Privatkapitals nach Ungarn.
Verlangsamt wird der Privatisierungsprozeß zwar durch das Zusammenspiel der betroffenen Unternehmen, die mit Investitions-Consultings zusammenarbeiten und der Genehmigungs- und Kontrollkompetenz der Staatlichen Vermögensagentur (AVÜ) unterstehen. Anderseits ermöglichte das jedoch, westeuropäische Methoden des Unternehmensverkaufes zu übernehmen, und half den Unternehmen bei ihrer Vermögensbewertung und der Organisation ihres Verkaufes.
Natürlich beeinflussen auch äußere Faktoren die Privatisierung. Das Abflauen des Welthandels und der Weltkonjunktur wirkt sich deutlich nachteilig auf sie aus. Der Bürgerkrieg in Jugoslawien und die Unsicherheit in der ehemaligen Sowjetunion lassen Investitionsrisiken in außerordentlichem Maße wachsen. Trotz alldem wird wohl schon 1994/95 das Privateigentum nicht nur in Ungarn, sondern auch in ganz Mittelosteuropa die beherrschende Stellung einnehmen. István Csillag
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