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Auch Bündnis 90 will Hauptstadt Berlin

■ Die Volkskammerfraktion präsentierte gestern ihre Forderungen für den zweiten Staatsvertrag

Berlin (taz) - Die Bündnis-90-Fraktion in der Volkskammer hat sich gestern für Berlin als künftige Hauptstadt eines gesamtdeutschen Staates ausgeprochen. Im Zuge der Vereinigung müßten auch die letzten Reste des Kalten Krieges beseitigt werden, so Volkskammer-Vizepräsident Wolfgang Ullmann. Die Mauerstadt Berlin sei der sinnfälligste Ort des Kalten Krieges. Darum gebe es „keine Alternative zu Berlin“.

Die Bündnis-Fraktion stellte gestern gemeinsame Positionen mit der grünen Bundestagsfraktion zum zweiten Staatsvertrag vor. Kernstück ist erneut die Erarbeitung einer gesamtdeutschen Verfassung durch eine verfassungsgebende Versammlung nach Artikel 146. Mittlerweile gehen aber auch die Bürgerbewegungen in der DDR von einem vorhergehenden Beitritt nach Artikel 23 aus. Der soll sogar noch vor gesamtdeutschen Wahlen stattfinden, „um das im Lande herrschende Chaos“ und die mit dem ersten Staatsvertrag verbundene Rechtsunsicherheit zu beseitigen, so Ullmann gestern.

Die frühere Forderung, den vom Runden Tisch erarbeiteten Entwurf als Grundlage der gesamtdeutschen Verfassung einzubringen, wurde von Gerd Poppe modifiziert. Das Grundgesetz könne durchaus die Grundlage für eine gesamtdeutsche Verfassung bilden. Modifikationen aus der Runden-Tisch-Verfassung müßten allerdings eingearbeitet werden: Dazu zählen das Recht auf Arbeit und angemessenen Wohnraum, der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und die Beibehaltung der Fristenlösung. Zudem seien plebiszitäre Elemente in der gesamtdeutschen Verfassung zu verankern.

Eine weitere Forderungen im Zusammenhang mit dem zweiten Staatsvertrag ist die sofortige Einbeziehung der DDR-Länder in den Länderfinanzausgleich. Nach Bonner Plänen soll das erst nach Ablauf von vier Jahren geschehen, so daß die Länder der DDR bis dahin allein auf die Mittel des „Fonds deutsche Einheit“ angewiesen wären, die derzeit 115 Milliarden DM betragen.

Ähnlich wie die DDR-SPD fordert das Bündnis die klare Anerkennung der in der DDR zwischen 1945 und 1947 durchgeführten Bodenreform. Bislang ist die Bundesregierung lediglich bereit „zur Kenntnis zu nehmen“, daß eine Rücknahme der damaligen Eigentumsübertragungen derzeit nicht möglich ist. Die abschließenden Entscheidung soll ein gemeinsames Parlament fällen.

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