„Arnold Schwarzenegger wird Erfolg haben“, sagt Herr Clemons

Mit „Arnie“ als kalifornischem Gouverneur haben die Moderaten bei den Republikanern wieder eine Chance

taz: Herr Steven Clemons, wird Arnold Schwarzenegger seine Wahl zu einer Erfolgsgeschichte in Kalifornien machen?

Steven Clemons: Ja. Und zwar weil er unterschätzt wird, für die meisten nur ein Schauspieler ist, doch längst Sozialpolitiker geworden ist und frischen Wind bringt. Doch das Wichtigste: weil er ein moderater Republikaner ist. Er hat das Profil von Richard Riordan, dem ehemaligen Bürgermeister von Los Angeles, der unter Demokraten enorm beliebt war. Schwarzenegger ist jemand, der niemals in normalen Vorwahlen der Republikaner hätte gewinnen können. Dass er nun Gouverneur wird, indem er die Vorwahlen umgangen hat, ist ohnehin bemerkenswert.

Und inwiefern wird er erfolgreich sein?

Er kann politisch Erfolg haben, wenn er seine Position durchsetzt, die republikanische Partei mehr in die Mitte zurückbringt und einige der radikalen Rechten in Kalifornien ins Exil schickt. Dann könnte er sich als sehr wohltuend für die Republikaner erweisen.

Warum?

Die Republikaner unter Bush haben sich zu sehr nach rechts bewegt in Richtung christlich-rechter Sozialkonservativer aus den Südstaaten, die einen viel zu großen Einfluss auf die amerikanische Politik bekommen haben. Der normale Amerikaner befindet sich politisch in der Mitte, ist pragmatisch und will, dass Probleme gelöst werden. Diese Haltung ist Teil des republikanischen Mainstream im Unterschied zu den radikalen Sozialkonservativen. Schwarzenegger nun ist das beste Gegengewicht zum Süden. Er ist ja praktisch ein Kennedy. Die Frage ist, ob er eine Art Unfall darstellt, eine Ausnahme, oder ob er einen Trend markiert und andere moderate Konservative ermutigt, aus ihren Verstecken zu kommen. Denn die Moderaten sind verängstigt durch die rechtsradikalen Konservativen, die Politik immer stärker mit Religion vermischen.

Schwarzenegger ist also ein Demokrat mit republikanischem Anstecker?

Ja, außer dass er im Wahlkampf auf Haushaltskonsolidierung setzte. Doch wenn man sich anschaut, dass die Demokraten unter Clinton fiskalisch konservativ regierten und den Bundeshaushalt ausglichen, während die Republikaner unter Bush mit massiven Steuersenkungen und explodierenden Ausgaben fiskalisch unverantwortlich handeln, ist er auch damit näher an den Demokraten. Außerdem hat er sich seit langem in die Niederungen der Sozialpolitik begeben. Er hat sich stark gemacht für bessere Schulbildung, Familienförderung, Nachmittagsbetreuung von Kindern, Sport- und Jugendprojekte in Los Angeles – alles klassische demokratische Anliegen.

Ist er nicht mit seinen Positionen zum Recht auf Abtreibung, zu Waffenkontrolle und starkem Umweltschutz ein Kontrapunkt zu George W. Bush?

Ja. Dennoch ist Bush, obwohl ein wiedergeborener Christ, kein Flammen spuckender Fanatiker wie der republikanische Mehrheitsführer im Abgeordnetenhaus Tom DeLay. DeLay ist der viel stärkere Kontrast. Er ist der momentan gefährlichste Mann in der amerikanischen Politik. Durch systematische Korruption wie die willkürliche Neuaufteilung der Wahlbezirke zugunsten der Republikaner und Einschüchterung vergrößert er den Machtbereich der Rechtsradikalen. Doch nun haben die moderaten Republikaner den „Terminator“, der für sie kämpft.

Die Bush-Regierung hofft, von Schwarzeneggers Wahlsieg profitieren zu können. Nach allem, was Sie sagen, erscheint mir das eher schwierig.

Es wird einen Wettstreit geben. Wird Schwarzenegger Bush beeinflussen – oder umgekehrt? Wird Schwarzenegger konservativer und zum „Bush-Groupie“ – oder wird Bush seine radikalen Haltungen abschwächen und wieder in die Mitte zurückkehren, die er seit seinem Amtsantritt verlassen hat? Noch gibt es dafür keine Anzeichen. Ich glaube, es wird ein richtiger Kampf werden. Die beiden mögen sich nicht besonders. Sie machen eher gute Miene zum bösen Spiel. Denn beide repräsentieren sehr unterschiedliche Parteiflügel.

Schwarzenegger ist also mehr als ein rein kalifornisches Phänomen?

Es geht um einen Kulturkrieg innerhalb der republikanischen Partei. Es geht darum, was sie im Kern ausmacht, wie fortschrittlich sie sein will und welche Rolle Religion spielen soll. Die extreme Rechte gab es immer, doch meist an der Peripherie. In den letzten zwölf Jahren ist sie zum Aushängeschild der Partei geworden. Schwarzenegger und andere zentristische, pragmatische und lösungsorientierte Rockefeller-Republikaner wollen die Partei von den Extremisten zurückerobern.

Gibt es etwas, das die Demokraten von seinem Wahlkampf für die Schlacht um das Weiße Haus lernen können?

Ja. Erstens: Wer öffentlichen Unmut geschickt ausnutzt, kann gewinnen. Zweitens: Fiskalischer Konservativismus wird belohnt. Die Demokraten hatten dieses Thema in den 90er-Jahren besetzt. Sie glichen den US-Haushalt aus, nicht die Republikaner, haben diesen zentralen Punkt jedoch im aktuellen Wahlkampf schon wieder vergessen. Doch die wichtigste Lektion für die Demokraten: Seid weniger ideologisch und pragmatischer. Es braucht mehr Typen wie Schwarzenegger, die Extremisten in die Schranken weisen.

INTERVIEW: MICHAEL STRECK