: Fragen der Handschrift
KOALITIONS-SCHLUSS
Kommenden Freitag soll Schluss sein mit den Koalitionsverhandlungen von SPD und Grünen in Bremen, das war so die Idee: diesen Sonntag noch Finanzen klären, Dienstag sah der Fahrplan die Ressortzuschnitte vor – und Freitag den triumphalen Abschluss.
Aber die Zweifel, dass der Termin gehalten wird, sind groß. Und sie sind auch begründet. Einerseits, weil vor dem Dienstag, an dem man sich über Ressortzuschnitte verständigen will, noch der Montag kommt: An dem wollen die Grünen eine Zwischendurch-Landesmitgliederversammlung abhalten. Die hätte prinzipiell sogar die Macht, die Verhandlungen scheitern zu lassen – und es brodelt ganz schön in der Partei. Aber: Nein, das wird sie nicht tun! Das wäre ja ein Aufstand! Und AkademikerInnen jenseits der 40 machen keine Revolution. Aber immerhin: Sie wüssten, wie es ginge und sie könnten es. Theoretisch.
Außerdem werden jedoch die Gespräche bis Samstag nicht beendet sein, weil man debattenträchtige Themen wie Kultur noch vertagt und andere, wie Umwelt, bislang diskutiert, ohne die Knackpunkte zu klären. Zum Beispiel die Sache mit der Osterholzer Feldmark: Noch im November hatte die Koalition sich im Sinne der Grünen darauf geeinigt, diese nahezu letzte naturnahe Freifläche im dicht besiedelten Bremer Osten nicht für Wohnungsbau anzuknabbern. Auch im SPD-Wahlprogramm stand nix davon. Doch bei seinem Antritt musste Ersatzbürgermeisterkandidat Carsten Sieling was Profundes, Eigenes einbringen – da fiel ihm dieser alte Streit ein. Und während das erst wie ein pfiffiger Schachzug wirkte, um die Differenz zum kleineren Partner zu markieren, hat man sich in dieser Frage nun verhakelt: Fürchten muss Sieling, sein Gesicht zu verlieren, wenn da nicht wenigstens ein bisschen Teer übers Gras verstrichen wird. Und die Grünen haben Sorge, mit der Betonierung des Stauwasserboden-Ökotops – Pseudogley ist Boden des Jahres 2015! – samt Fledermäusen, Unken und Störchen ihre Seele zu verkaufen.
Riskant ist das vor allem für die Grünen, die ihr Ansehen dadurch verspielt haben, dass sie in den Verhandlungen ohne große Gegenwehr Ja gesagt haben zur Einrichtung einer geschlossenen Unterbringung, die ein „intensivpädagogisches Angebot“ machen soll, das die Adressaten freilich nicht ablehnen können. Wer später im Koalitionsvertrag nach grüner Handschrift suchen will, sollte auf die Stellen achten, wo es zittrig wird. BES