: Hey Alter, beweg dich mal
SPEZIALRÄDER Auch wer langsamer fährt, erreicht das Ziel. Und das heißt für Ältere häufig: wieder in Fahrt kommen, Mobilität zu gewinnen und erhalten. Es gibt Fahrräder, die genau dafür gemacht sind
„Die Rentner-Drohnen sind los“, warnt Achim Achilles, einer der immer und überall läuft und regelmäßig darüber schreibt. Und gern auch über diejenigen herzieht, die ihm unterwegs in die Quere kommen. Rentner zum Beispiel. Sitzen auf einem Pedelec, sind aber nicht in der Lage, es zu beherrschen. Sollten vorher lieber mal auf einem Großparkplatz üben, so Achilles in einer seiner Kolumnen.
Richtig ist: Das Pedelec ist ein E-Bike, dessen Elektromotor den Krafteinsatz des Fahrers unterstützt – bis zu einer Geschwindigkeit von gerade mal 25 Stundenkilometern. Das mag dennoch gewöhnungsbedürftig sein. Doch gerade Menschen, die schon lange nicht mehr mit einem „normalen“ Rad fahren konnten oder wollten, sind auf dem Pedelec in der Lage, den persönlichen Radius aus eigener Kraft zu erweitern. Dass die Deutschen immer älter werden, ist bekannt. Und dass viele beweglich bleiben wollen, auch das ist kein Wunder.
Wenn es irgendwie noch geht, möchte man halt aus eigener Kraft in den Park oder zum Biergarten gelangen. Unter den Fahrrädern kommen dafür nicht nur die mit Assistenzmotor infrage, auch die mit ungewöhnlicher Formgebung. So kann zum Beispiel beim Zweirad nicht nur aufs Oberrohr verzichtet werden, der Durchstieg kann auch tief und breit angelegt sein. Bei einigen Exemplaren sieht es fast so aus, als wären Unterrohr- und Sattelrohr durch ein kurzes Trittbrett verbunden. Und die Laufräder sind klein, bis hin zur Kindergröße von 20 Zoll. Mehr Sicherheit beim Auf- und Absteigen, Standfestigkeit beim Anhalten – darum geht es.
Wer noch mehr an Kippsicherheit haben will, zieht häufig ein Dreirad in die engere Wahl. Da finden sich Trikes wie etwa das recht niedrige und opulent ausgestattete Kettwiesel von Hase Bikes (siehe auch vorige Seite). Und da ist das Modell, das Gunda Krauss fährt. Sie ist 76 und würde sich mit einem der gängigen Typen nicht mehr auf die Straße trauen. Dafür ist sie mit ihrem „Easy Rider“ 2009 von München nach Rügen geradelt. Dieses Jahr will sie es von den Alpen bis an die Nordsee schaffen, auf der „Route 76“ und vernetzt mit den sozialen Medien. Für diesen Plan hat Gunda Krauss den Deutschen Alterspreis der Robert Bosch Stiftung erhalten. Und für ihre Botschaft: „Ich will den älteren Menschen Mut machen. Nicht aufgeben!“ Ihre „Easy Rider“-Version verfügt über einen der bei Tempo 25 abregelnden E-Motoren. Es ist eine Art Sesseldreirad mit großer Sitzfläche und Rückenlehne und kommt wie das Kettwiesel auf 20-Zoll-Laufrädern daher (hinten zwei). Und wenn die Laufräder doch etwas größer sein sollen? Auch das gibt es. Die Wulfhorst GmbH in Gütersloh: ein Hersteller mit einer exakt hundertjährigen Geschichte und bekannt für ein breites Sortiment an Spezialdreirädern. Ihr Jubiläumsmodell ist mit Laufrädern in 24 oder 26 Zoll ausgestattet, hat einen extrem tiefen wie besonders breiten Einstieg und hinten einen fest installierten Einkaufskorb. Aber auch die kleineren Laufräder verbaut Wulfhorst, unter anderem für ein Dreirad, bei dem zwei Laufräder vorne rollen. Selbst der E-Motor ist dem Traditionsunternehmen nicht fremd.
Wie auch immer: Auf derartigen Rädern dürfte man eher gemächlich daherkommen, keinesfalls rasend. Es sind Fahrzeuge, die gerade ältere Menschen in Bewegung bringen, mit denen sich selbst gemachte Mobilität wieder üben lässt. Für den Drohnenverkehr sind sie nicht geeignet. PAUL DA CHALET