„Das Urteil ist kein Freibrief“

PODIUM Wenn Lehrerinnen Kopftuch tragen, ist das für die Bildungsbehörde okay – seit März

■ 57, Jurist, ist Leiter der Abteilung Bildung bei der Senatorin für Bildung und Wissenschaft.

taz: Herr von Lührte, ist die Frage Frauen mit Kopftuch im Lehramt nicht geklärt?

Detlef von Lührte: Doch. Das ist sie. Aus unserer Sicht ist da alles klar – seit das Bundesverfassungsgericht am 13. März seine Entscheidung veröffentlicht hat. Auf die haben wir ja auch umgehend reagiert: Seit 24. März ist es unseren Lehrerinnen erlaubt, ein Kopftuch zu tragen.

Allerdings besteht der einschlägige Passus im Schulgesetz fort …

Er formuliert aber kein Kopftuchverbot, sondern nur ein Neutralitätsgebot.

Aber er ist doch nur eingefügt worden, um das Kopftuch zu verbieten …!

Wir glauben aber, dass er sich, so wie er formuliert ist, verfassungsgemäß auslegen lässt – auch im Licht der neuen Interpretation. Das Bundesverfassungsgericht war ja von seiner früheren Position von 2004 abgewichen – und hatte im Gegensatz zum Urteil im Fall Ludin klargestellt, dass die individuelle Entscheidung, ein Kopftuch zu tragen, eben nicht mit einer Positionierung des Staates verwechselt werden kann, und deshalb ein Verbot die Glaubensfreiheit der Lehrerinnen unzulässig einschränkt. Aber das Neutralitätsgebot bleibt davon unberührt. Das Urteil ist kein Freibrief, für eine Religion zu werben.

Aber man muss sie auch nicht verstecken?

Nein, da gilt das Gleiche wie für politische Überzeugungen auch: Keiner kann ja von einer Lehrkraft erwarten, dass sie ihre Überzeugungen verleugnet. Sie muss nur die anderen ebenso darstellen – und darf nicht für die eigene werben. Das ist genau die Grenze.  INTERVIEW: BES

Diskussion „Mit Kopftuch im Lehramt – was folgt aus dem Verfassungsgerichtsurteil für Bremen?“: 18 Uhr, Uni, GW2, Raum B 3009