: „Nos vamos a Berlín“
PRIMERA DIVISIÓN Real Madrid strauchelt, und der FC Barcelona ist so gut wie Meister, aber Luis Enrique verbreitet trotzdem Angst vor einem großen Leiden in München. Und nun droht der sich verhärtende Streit im spanischen Fußball den Ligabetrieb lahmzulegen
AUS BARCELONA FLORIAN HAUPT
Luis Enrique ließ gerade den Teil seiner Arbeit über sich ergehen, den er am wenigsten schätzt: die Pressekonferenz. „Gol“, sagte da einer der Reporter. „Von wem?“, fragte Luis Enrique, plötzlich interessiert. Dann waren Jubelschreie aus dem Nachbarraum zu hören. „Jetzt ist es klar“, deduzierte Barcelonas Trainer.
Neben dem Pressesaal im Camp Nou liegt die Umkleidekabine, und seine Spieler feierten den Treffer zum 2:0 von Valencia bei Real Madrid. Danach wurde es zwar noch sehr dramatisch in der Hauptstadt, drei Pfostentreffer, ein verschossenen Elfmeter, ein letzter Lattenkopfball in der 96. Minute, aber am Ende hatten sich Messi & Co. nicht zu früh gefreut. Valencia rettete ein 2:2 und bescherte den Katalanen damit einen 4-Punkte-Vorsprung bei zwei ausstehenden Partien. Der erste Teil des angestrebten Triple scheint so gut wie vollbracht, just zum Rückspiel im Champions-League-Halbfinale. Vor dem warnte Luis Enrique trotz des 3:0 aus dem Hinspiel und der defätistischen Stimmung bei den Bayern eingehend: „Ich habe nicht den geringsten Zweifel daran, dass wir in München leiden werden.“
Die Partie gegen Real Sociedad war am Samstag insofern eine ganz gute Generalprobe. Die Möglichkeit einer titelentscheidenden Blamage beschwerte Beine und Kopf. Noch fünf Minuten vor dem Ende, Barçca führte nur 1:0 durch ein Kopfballtor von Neymar, hörte man die hysterischen Kommandos der Innenverteidiger Piqué und Mascherano bis auf den Oberrang des größten Stadion Europas, und Mittelfeldmann Rafinha verließ den Platz bei seiner Auswechslung so demonstrativ langsam, als gelte es, mit zwei Mann weniger einen Vorsprung im WM-Finale über die Zeit zu retten.
Doch das Team von Luis Enrique zeichnet sich nicht zuletzt durch seine Wettkampfhärte aus. Und wenn man noch einen wie Pedro in der Hinterhand hat, Welt- und Europameister, dann geht es eben doch irgendwie gut aus: Durch einen Fallrückzieher erzielte der Edelreservist in der 86. Minute kurz nach seiner Einwechslung den 2:0-Endstand. Das Publikum feierte ihn mit Sprechchören und stimmte den „Aida“-Triumphmarsch an, bald gefolgt von einem „Sí, sí, sí, nos vamos a Berlín“: auf den Rängen sieht man sich dem Champions-League-Finale schon ein bisschen näher.
Was soll auch passieren? Barcelona hat in den letzten sieben Spielen kein einziges Gegentor bekommen. Die Verteidigung ist ein Schlüssel zur bevorstehenden Meisterschaft – gerade im Vergleich zu Real Madrid. Im Estadio Santiago Bernabéu dauerte es nur 26 Minuten, ehe Valencia durch Paco Alcácer und Javi Fuego seinen Vorsprung herausgeschossen hatte. Zu diesem Zeitpunkt war Toni Kroos bereits wegen Oberschenkelproblemen ausgewechselt (nach einer Untersuchung am Sonntagsmorgen tweetete er sich einsatzbereit für Reals bevorstehendes Europacup-Halbfinale gegen Juventus: „Don’t worry!“). Außerdem hatten die Zuschauer bereits einen Schuldigen ausgemacht, den üblichen Verdächtigen, Torwart Iker Casillas, der diesmal allerdings zurückkeilte: „Es reicht, ihr könnt mich mal.“
Zur Hauptfigur des Spiels avancierte dennoch sein Gegenüber Diego Alves. In der letzten Szene vor der Halbzeit parierte der Brasilianer einen Elfmeter von Cristiano Ronaldo – es war schon sein 19. gehaltener Strafstoß in 40 Versuchen. Ronaldo schlich deprimiert davon. Bei den späteren Toren von Pepe und Isco blieb er Statist.
Barcelona braucht jetzt nur noch einen Sieg aus den Partien bei Atlético Madrid und gegen Abstiegskandidat Deportivo La Coruña – wann auch immer die gespielt werden. Fußballverband RFEF und Spielergewerkschaft AFE haben einen Streik ab Samstag angekündigt. Sie fühlen sich von der Liga LFP bei der kürzlich beschlossenen Zentralvermarktung der TV-Rechte übergangen. Ein paar Prozent hier und da, nichts, worüber man sich nicht einigen könnte – normalerweise. Sonderlich diplomatisch scheinen die Kontrahenten vor den entscheidenden Meetings aber nicht gestimmt. Liga-Chef Javier Tebas verglich die Ästhetik der jüngsten AFE-Versammlung mit Auftritten von politischen Vertretern der baskischen ETA-Terroristen: „Die sollen uns nicht mit Inszenierungen wie Bildu oder Herri Batasuna kommen.“ AFE-Präsident Luis Rubiales konterte, indem er an Tebas’ politische Vergangenheit auf der extremen Rechten erinnerte: „Wer bei der Falange war, hat mit uns nichts zu tun.“