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Archiv-Artikel

Was in Münster geht, geht auch hier

KIRCHENTAG OHNE STEUERGELD?

An der Unterstützung, etwa durch Unterkünfte, würde sich ohnehin nichts ändern

Für Martin Luther greift der Senat gern in die Tasche und hat das zuletzt am Mittwoch begründet: Einen Zuschuss von 8,4 Millionen Euro hat er den Veranstaltern des Evangelischen Kirchentags zugesagt, der im Sommer 2017 in Berlin stattfinden wird. Zum 500. Jahrestag von Luthers Wittenberger „Thesenanschlag“ werden rund 140.000 Teilnehmer erwartet, die Halstücher tragend und Taizé-Gesänge trällernd die Stadt beleben sollen.

Nicht jeder findet das gut. Eine Kampagne von Konfessionslosen und Kirchenkritikern macht unter dem Motto „11. Gebot: Du sollst deinen Kirchentag selbst bezahlen“ gegen die großzügige staatliche Unterstützung mobil. Es sei „nicht einsehbar, warum Andersgläubige und Konfessionsfreie regelmäßig zur Kasse gebeten werden, um kirchliche Großveranstaltungen mitzufinanzieren“, heißt es da. Das „verfassungsmäßig verbriefte Recht auf Gleichbehandlung aller Menschen durch den Staat unabhängig von ihrer Religion“ werde dadurch verletzt.

Ist das nicht fürchterlich kleinlich? Die evangelische Kirche ist doch nicht die Hamas, das Großevent richtet sich doch – so der Senat in seiner Begründung – „auch an Angehörige anderer Religionsgemeinschaften“. Und überhaupt, was sind schon 8,4 Millionen?

Nun ja: Dabei handelt es sich bloß um den „Barzuschuss“, also eine Summe, die der Veranstalter nach seinem Ermessen ausgeben kann. Hinzu kommt eine – unbezifferte – geldwerte Unterstützung durch das Land, in Form von Unterkünften (Turnhallen) oder Gebührenbefreiungen. Und wären deutsche Kirchen wirklich nicht in der Lage, ihre Veranstaltungen selbst zu finanzieren?

Locker wären sie das. Bislang beträgt ihr Finanzierungsanteil bei Kirchen- und Katholikentagen oft nur ein Viertel oder weniger – neben dem Geld von Bund, Ländern und Kommunen, den Eintrittsgeldern und anderen Einnahmen, etwa durch Sponsoring. Und wenn der Senat mit einem wirtschaftlichen Effekt von über 60 Millionen zusätzlichem Bruttoumsatz argumentiert – der käme auch ohne Berliner Steuergelder zustande. Würde die Kirche etwa freiwillig auf die Hauptstadtkulisse verzichten?

Der Antikampagne geht es aber in erster Linie darum, die ständige Bevorzugung einer – kontinuierlich schrumpfenden – religiösen Gruppe zu beenden. In Münster ist das sogar gerade gelungen: Dort hat der Stadtrat den Barzuschuss für den Katholikentag im Jahr 2018 gestrichen. Immerhin ist die Stadt hoch verschuldet. Ist Berlin das nicht auch? CLAUDIUS PRÖSSER