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Archiv-Artikel

Christian Buss Der Wochenendkrimi Buddhas Brechstange

Tragische Funkstörung“ heißt es im Bundeswehrjargon: In Kundus wurde ein Konvoi auf eine unsichere Route geschickt, Taliban griffen an, drei Soldaten starben. Ein halbes Jahr später wird der Verantwortliche entführt und auf eine Mine mit Entlastungszünder gestellt. Nimmt er den Fuß runter, geht sie hoch. Per Video wird die Zitterpartie auf den Polizeirechner übertragen.

Bei der hektischen Suche nach den Entführern kommen sich zwei näher, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Kommissar Friedrich Papen (Jörg Hube), ein kompakter Alt-68er-Bajuware mit einem Haufen fernöstlicher Weisheiten, und Hauptmann Ulrike Steiger (Stefanie Stappenbeck), als Spross einer Soldatenfamilie von militärischer Disziplin durchdrungen.

Der pazifistische Koloss und die kleine Soldatin – das scheinen ideale Kontrahenten für einen Debattenkrimi. Doch unterm gesellschaftspolitischen Disput leidet die Figurenzeichnung des neuen Münchner Polizeirufs“ (Buch: Christian Jeltsch; Regie: Stephan Wagner). Wie in einem Fernsehtalk werden Für und Wider des Auslandseinsatzes diskutiert – oder bebildert. Bjarne Mädel („Ernie“ aus „Stromberg“) etwa spielt ein Heimkehrerwrack im Rollstuhl und sieht bartgenau aus wie Tom Cruise in „Geboren am 4. Juli“.

So verwandelt sich der Politdiskurs in ein Antikriegsstatement. Ehrenwert, dass sich der BR einen Film leistet, der die Forderung „Raus aus Afghanistan“ wie eine Pace-Fahne vor sich herträgt – den psychologischen und sozialen Verstrickungen wird er nicht gerecht. Zumal es schon komplexere TV-Dramen dazu gab, etwa den letzten „Bloch“.

Sehenswert ist der „Polizeiruf“ trotzdem; wegen Jörg Hube, einem wirklich Guten. Halb Buddha, halb Brechstange bringt er eine sonderbar sanfte Nervosität auf den Bildschirm, der man gern länger zugesehen hätte. Hube starb im Juni. Ab 2010 ermittelt Stappenbeck weiter mit Matthias Brandt. Auch ein Guter.

BR-„Polizeiruf 110“: „Klick gemacht“, So., 20.15 Uhr, ARD