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Zu trocken für die Trauerseeschwalben

Umweltschützer alarmiert: Auf Eiderstedt wird weiter um ein Brutgebiet gestritten

Die Schwalben sind müde: Die größte Brutkolonie der Trauerseeschwalben auf der Halbinsel Eiderstedt hat aufgegeben – das Gebiet, auf dem sie nisten wollten, ist zu trocken, die Gräben führen kaum mehr Wasser. Ein Alarmsignal für Umweltschützer, die um die bedrohte Art fürchten. Die Misere sei von Menschen gemacht. Bizarr ist, dass sich die Lage auf Eiderstedt deutlich verschlechtert hat, seit im Gespräch ist, das Gebiet unter Schutz zu stellen.

Die Halbinsel bietet zahlreichen geschützten Vogelarten Brut- und Nistplätze – gerade weil das Land bewirtschaftet wird. Vögel wie Kiebitz und Trauerseeschwalbe brauchen beweidete Flächen mit kurzem Gras. Doch seit der Streit um das Vogelschutzgebiet tobt – aktuell hat die EU den Kieler Landwirtschaftsminister Christian von Boetticher (CDU) gemahnt, eine größere Fläche auszuweisen – widmen einige Landwirte ihre Weiden zu Ackerflächen um, die dann Bestandsschutz haben.

„Die Verschlechterung wäre auch ohne die Debatte gekommen“, sagt Ingo Ludwichowski, Geschäftsführer des Naturschutzvereins Nabu in Schleswig-Holstein. Und es gibt auch zahlreiche Landwirte, die auf Umweltschutz und die damit verbundenen Fördermittel setzen. “Aber wir haben nicht mehr viel Zeit“, sagt Ludwichowski. „Die EU wird irgendwann fragen, wo die Vögel geblieben sind.“

Geplante „massive Entwässerung“ wirft der Nabu dem Deich- und Hauptsielverband (DHSV) vor: „Wir gehen davon aus, dass der DHSV den Ackerbauern helfen und zugleich die wertvollen Vogelarten loswerden will“, sagt Ludwichowski der taz. Oberdeichgraf Jan Rabeler wies gegenüber den Husumer Nachrichten diesen Vorwurf zurück. Zwar sei der Wasserstand seit dem Jahr 2000 gesunken, Schuld seien aber technische Zwänge sowie das aktuelle trockene Wetter. Ludwichowski hält das für vorgeschoben: Früher hätten die Gräben immer genug Wasser geführt. Es läge in der Hand des Sielverbandes, in Regenzeiten Vorräte zu speichern. Landwirte müssten jetzt Zäune ziehen – früher hielten allein die Gräben das Vieh auf den Weiden.

Mitschuld habe auch das Landwirtschaftsministerium, so der Umweltschützer: Das Ministerium hätte es in der Hand, über die Mittelvergabe an den DHSV sowie in konsequenter Anwendung der Gesetze zur Sicherung des Schutzgebietes tätig zu werden. Dass ein Ministeriumssprecher erklärte, man wolle sich um Aufklärung bemühen, sei „geheuchelt“: „Die wissen genau Bescheid.“ EST

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