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Archiv-Artikel

BERLINER PLATTEN Erstens, zweitens, drittens mit Daniel Morgenroth und Shearer durch den Berliner Rock gehüpft

Zwei Informationen sollte man unbedingt kennen, wenn es um Daniel Morgenroth geht: 1.) Es handelt sich um den Sänger Daniel Morgenroth, nicht um den Schauspieler Daniel Morgenroth („Kreuzfahrt ins Glück“, „Hochzeit auf dem Lande“). 2.) f6 ist eine ostdeutsche Zigarettenmarke, die einen Musikwettbewerb sponsert, bei dem zu siegen nicht unbedingt ehrenrührig sein muss.

Denn Daniel Morgenroth, der Sänger, hat den f6-Wettbewerb vor zwei Jahren gewonnen, damals noch mit seiner mittlerweile aufgelösten Band Demo. Man hat sich getrennt, wie es dann gern so heißt, wegen „Differenzen über die musikalische Ausrichtung“. In seine Solokarriere hat Morgenroth mitgenommen: 1.) einen Gutteil der Songs, 2.) ein nicht grundsätzlich verändertes musikalisches Konzept, das auf eher biederem Rock beruht. Und 3.) eine große Liebe zu Rio Reiser. Den gibt Morgenroth als großen Einfluss an, aber – man muss das leider so sagen – um dem besten Nichtsänger aller Zeiten das Wasser reichen zu können, dazu singt Morgenroth auf seinem Debütalbum „Vom Suchen und Finden“ viel zu gut. Gemeinsam mit seinem Vorbild hat er allerdings den von gutbürgerlicher Bildung gebrochenen proletarischen Impetus und den kämpferischen Tonfall, der sich ebenso gegen den Kapitalismus („Mein Job“) richtet wie gegen die längst zahnlos gewordene Gefühlsverwertungsmaschinerie Popmusik („Popsong“).

In seinen besten Momenten, dann, wenn er der Umgangssprache und seinem lakonischen Vortrag vertraut, erinnert Morgenroth eher noch an den verstorbenen Gerhard Gundermann, den singenden Volkstribun aus der Lausitz. Solche Momente gibt es einige. So das eigentlich zum Kitsch verdammte „Nicht in dieser Stadt“, das die böse Globalisierung aufs private Liebesleben herunterbricht und vor allem dank des gewissen Knarzes in der Stimme funktioniert. Oder auch der Song über die unglückliche Liebe zu einer CDU-Wählerin („Ich find dich wirklich süß und du bist gut im Bett/ Aber ich les‘ nun mal die Konkret und du nur FAZ“), der zu dem ganz lebenspraktischen Schluss kommt, mit Liebschaften vielleicht Körperflüssigkeiten, aber bloß keine politischen Einstellungen auszutauschen. Und ein guter Ratschlag, das ist schon meist mehr, als Schallplatten zu bieten in der Lage sind.

Auch über Shearer sollte man etwas wissen: 1.) Es handelt sich nicht um den ehemaligen englischen Nationalspieler Alan Shearer, sondern um eine Berliner Rockband. 2.) Rock ist keine Sünde. 3.) Rock muss trotzdem nicht notgedrungen aufregend sein. Punkt 3 wird spätestens bewiesen von „Eve“, dem neuen Album des Quartetts. Auf dem bratzen die Gitarren konventionell durch klassische Marshall-Verstärker, während der Sänger weitgehend austauschbare Texte in Englisch röhrt. Hier wird offensichtlich versucht, amerikanischen Mainstream-Rock deckungstreu zu kopieren. Dieser Versuch gelingt. Was schön ist für Shearer, aber eher uninteressant für den Rest der Welt. Denn: 1.) Wer braucht noch mehr langweilige Rockbands? Und: 2.) ist dazu mehr nicht zu sagen. THOMAS WINKLER

Daniel Morgenroth: „Vom Suchen und Finden“ (Stock & Stein) Live So. King Kong Club

Shearer: „Eve“ (Puke/Broken Silence) Live Sa. ABC-Rocks, Hirschgartenstr. 14