LONG PLAYING RECORD : Jukebox - Der musikalische Aszendent
Wenn schon sonst nichts los ist, Elvis geht immer
Nach neuen aufsehenerregenden Forschungen in der Popgeschichte neigt man allgemein doch der Meinung zu, dass Elvis Presley möglicherweise gar nicht gestorben, sondern einfach nur im musikalischen Sommerloch verschwunden ist, das er seither als der König, der er nun mal ist, selbstredend gerne mit seiner schieren Präsenz ausfüllt. Das macht er, solange die Popmusik selbst noch am Leben ist und vielleicht sogar darüber hinaus.
Wenn schon sonst nichts los ist, Elvis geht immer.
Die harten Zahlen, aus dem Karstadt am Hermannplatz, Abteilung Musik. Hier hat Elvis Presley sein eigenes Fach, darin sieben Elvis-Einheiten. Dazu kommen etwa gleich viel Elvis-Angebote im unsortierten Sonderangebotsregal. Weitere, diese Woche wichtige Musiker: Eric Clapton, 19 Einheiten im eigenen Fach, Neil Young, eine CD. Zum Vergleich scheinbar aktuellere Musik: Von den Strokes finden sich zwei CDs, von Notwist eine, eingestellt unter „Alternative“. Alles Stand Mittwoch, 16 Uhr.
Dass der Karstadt am Hermannplatz nun kein ausgewiesener Fachhandel für den musikalischen Bedarf ist, erhärtet die Zahlen eigentlich nur, weil ja wohl beim Durchschnittshöker der Durchschnittsmusikhörer sich mit den Dingen versorgt, die er auch wirklich hören will, also Elvis Presley, der – vielleicht muss man es doch kurz erklären – US-amerikanische Sänger, Mitbegründer einer Glaubenslehre, die man Rock’n’Roll nannte, und gleichzeitig ihr wichtigster Missionar. Derzeit ist er in verschiedenen Inkarnationen auf der Bühne zu erleben, am heutigen Freitag im Bassy Club und am Samstag im Kaffee Burger als The Soul of Elvis (der ein Nicholas Young den Körper leiht). Im White Trash zeigt am Samstag The Slowclub die weibliche Seite von Elvis, und am Montag heißt hier Elvis mit Nachnamen plötzlich Schlaegel.
Eric Clapton, eigentlich ein Rock’n’Roll-Häretiker, der ganz altkirchlich an den Blues glauben will, spielt am heutigen Freitag in der Waldbühne. Und Neil Young, der noch am ehesten Neil Young ist (und damit auch Blues und Rock’n’Roll und alles sonst) spielt am Dienstag auf der Zitadelle Spandau.
Weitere aufsehenerregende Ereignisse an einem 16. August, an dem im Jahr 1977 Elvis Presley einfach in dem Sommerloch verschwand: 1878 wurde im westsibirischen Eismeer die Insel mit dem schönen Namen Ensomheden entdeckt. Einsamkeit. Und im Jahr 1958 wurde Madonna geboren. Aber das ist eine ganz andere Geschichte. THOMAS MAUCH