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Archiv-Artikel

Aus einem chinesischen Familienalbum

Die Dokumentation „Traces of The Dragon“ (im Panorama) spürt der Familiensaga des Actionstars Jackie Chan nach

Hongkong ist eine Stadt der Migranten. Die meisten Familien in der einstigen Kronkolonie kamen in den Fünfzigerjahren als Flüchtlinge vom Festland, nachdem dort die Volksrepublik ausgerufen wurde. Viele ließen dabei Verwandte zurück, zu denen die Verbindung abbrach, ahndete das kommunistsiche Regime doch jeden Auslandskontakt.

So flüchteten auch die Eltern von Jackie Chan nach Hongkong, weil sie sich im Bürgerkrieg auf die Seite der Nationalisten geschlagen hatten: Der Vater als eine Art Undercover-Agent, die Mutter als Kurier im Shanghai der Dreißigerjahre. Davon erzählt der Dokumentarfilm „Traces of the Dragon“, der Jackie Chans erstaunlicher Familiengeschichte nachspürt und deren historischen Rahmen er mit raren Archivbildern unterfüttert: So sieht man Bomben auf Shanghai, Exekutionen auf offener Straße, die Paraden der Kulturrevolution und Hongkong in den Fünfzigern als Zeitkolorit.

In seiner Autobiografie („Ein Leben voller Action“, 1998, Heyne) hat Jackie Chan aus seiner Jugend an der Kung-Fu-Schule erzählt und Einblicke in die Frühzeit des Hongkong-Kinos gegeben. Die Dokumentation von Mabel Cheung dagegen hebt auf die lange verschwiegene Familiengeschichte ab, hat Jackie Chans Vater diesem doch erst spät eröffnet, dass der Actionstar jenseits der Grenze vier Halbgeschwister besitzt: zwei Schwestern seitens seiner Mutter, zwei Halbbrüder väterlicherseits. Letztere leben noch immer im Heimatdorf des Vaters, der seinen Lebensabend in Australien verbringt. Das Kamerateam hat ihn begleitet, wie er noch einmal seinen Geburtsort besucht.

Das Schicksal von Jackie Chans Familie sei exemplarisch, meint die Regisseurin Mabel Cheung, spiegele sich in deren Zerissenheit über mehrere Kontinente doch „die Geschichte jedes Chinesen im 20. Jahrhundert“. Genau deswegen will Jackie Chan seine Dokumentation, die ursprünglich als eine Art Familienvideo gedacht war, nun öffentlich machen: nicht nur für seine hartgesottensten Fans. Sondern auch für Studenten, die sich für jüngere chinesische Geschichte interessieren. DANIEL BAX

Heute, 14.30 Uhr, CineStar 7; morgen, 17.30 Uhr, CineStar 3