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Archiv-Artikel

Jenseits der Ich-AG

Neu im Kino: Der Inuit-Mythos „Atanarjuat“

Von kli

Mundpropaganda, das ist das Beste, was diesem Film passieren konnte: Mit gerade mal 25 Kopien startete „Atanarjuat – Die Legende vom schnellen Läufer“ Mitte Dezember in deutschen Großstadtkinos, niemand hatte daran geglaubt, dass die Verfilmung eines uralten, mündlich überlieferten Eskimo-Mythos ein größeres Publikum interessieren könnte. Mittlerweile machen sich die Kinobesitzer gegenseitig die Kopien streitig, denn „Atanarjuat“ hat es allein über Mundpropaganda zu Popularität gebracht. Eine schöne Pointe: Wie der Mythos, so hat sich auch die Nachricht vom Film mündlich verbreitet.

„Atanarjuat“ erzählt nicht nur eine rund 2.000 Jahre alte Inuit-Legende, der Film wurde auch ausschließlich von Inuit geschrieben, produziert und gespielt. Schauplatz ist ein kleines Dorf in der kanadischen Arktis, in dem sich die Tragödie einer Familienfehde abspielt: Atanarjuat (Natar Ungalaaq) und Oki (Peter-Henry Arnatsiaq) lieben diesselbe Frau, Atanarjuat setzt sich beim Faustkampf durch. Zunächst alles bestens. Durcheinandergebracht wird die neue Familienordnung durch eine intrigante und ehebrecherische Schwester. Am Ende wird ein Urteil gefällt, Oki wird aus der Gemeinschaft verbannt.

Der Reiz der Geschichte ist ihre Klarheit: Da wird nichts rumpsychologisiert, da gibt es keine sentimentalen Schlenker, die Figuren kollidieren einfach frontal mit den Gesetzen ihrer Gemeinschaft. Anstatt dabei den eigenen Puls zu fühlen, handeln sie. Und sie handeln aus einem Wissen heraus, das weit entfernt ist von der Tagesordnung der Ich-AG. Ein unlösbarer, tragischer Familienkonflikt wie in der griechischen Tragödie: Der Pathos wir annehmbar durch die Fremdartigkeit, die „Atanarjuat“ in jeder Minute atmet.

Der Film ist in Originalsprache mit Untertiteln, er ist fast drei Stunden lang und präsentiert eine Welt, die ein Schauereignis ist: Karge Landschaften, Eis, Kälte und darin Menschen, die überleben – allein seine dokumentarischen Qualitäten machen „Atanarjuat“ sehenswert.

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