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Archiv-Artikel

„Schließlich ist da nichts Ungesetzliches dran“

Kultursenator Flierl geht im Opernkonzept mit einem US-Vermietgeschäft für die Staatsoper schwanger: Steuertrick soll die Sanierung finanzieren. Finanzsenator ist skeptisch

„Erst muss die Entscheidung über das Opernkonzept fallen“

Anderswo ist es längst üblich: städtische Immobilien an einen US-Investor abgeben und zurückmieten. Nicht, dass sich die Amerikaner tatsächlich für deutsche Rathäuser, U-Bahn-Tunnel oder Abwasseranlagen interessieren würden. Aber mit dem Deal können sie Steuern sparen – und die Hälfte davon bekommt der deutsche Partner. Dieses Modell steht auch im Opernkonzept von Kultursenator Thomas Flierl (PDS) als Möglichkeit, die marode Staatsoper zu sanieren.

Für Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) ist das nicht der Königsweg aus der Misere. „Wir prüfen zwar dieses Konzept, Sarrazin beurteilt die Umsetzbarkeit des Modells aber skeptisch“, sagte sein Sprecher Claus Guggenberger. „Cross-Border-Leasing“ ist der offizielle Begriff für den Steuertrick. In Berlin wurde er nach Verwaltungsangaben bisher spärlich eingesetzt: Im Jahr 2000 bei der Messe. Knapp 34 Millionen Euro sollte dieses Vermiet- und Rückmietgeschäft bringen. Vorausgegangen waren ausgedehnte Verhandlungen. „Der Vertrag dazu hatte Telefonbuchstärke“, sagt Guggenberger. Strittig ist in solchen Fällen stets die Frage, was bei der Pleite des US-Partners geschieht. Laut Guggenberger bleiben die Immobilien trotz Vermietung – normalerweise für 99 Jahre – wirtschaftlich und zivilrechtlich im Eigentum des deutschen Partners.

Um die marode Staatsoper unter den Linden sanieren zu können, wäre mehr als ein doppelt so hoher Erlös wie bei der Messe vonnöten: 125 Millionen Euro. Auch deshalb betrachtet man einen solchen Finanzdeal in der Kulturverwaltung zurückhaltend. Senator Flierl habe es in seinem Opernkonzept zwar als Möglichkeit referiert, bestätigte sein Sprecher Torsten Wöhlert. Er habe sich aber keineswegs schon dafür entschieden, sondern zugleich auf die damit verbundenen Risiken hingewiesen.

Als Unwägbarkeiten nannte Wöhlert mögliche Veränderungen im US-amerikanischen Steuersystem, die Frage der Pleitefolgen und vor allem das Volumen des Geschäfts. Um 125 Millionen Euro zu erlösen, müssten Immobilien im Wert von zweieinhalb Milliarden Euro vermietet werden. Die Staatsoper aber ist nur einen Bruchteil davon wert. „Wir müssten dann sicherlich die Universitäten mit reinnehmen“, sagte Wöhlert. „Das würden die kaum mit sich machen lassen.“ Außerdem seien Hochschulen nicht allein vom Land, sondern auch vom Bund finanziert.

Nicht zu unterschätzen wäre für Wöhlert auch die politisch-moralische Dimension des Geschäfts, weil das Land von einem Steuerschlupfloch profitieren würde. Für Finanzexperten im Abgeordnetenhaus ist das weniger ein Problem. „Das ist doch ein amerikanisches Steuerschlupfloch, kein deutsches. Insofern würde ich mich darüber gar nicht aufregen“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Oliver Schruoffeneger. Ähnlich äußerte sich seine SPD-Kollegin Iris Spranger. Sicherlich habe das Land eine Vorbildfunktion in Steuerfragen. „Aber zugleich stehen wir unter enormen finanziellen Zwängen. Und schließlich ist da ja nichts Ungesetzliches dran“, sagte Spranger.

In der Kulturverwaltung des Senats ist ein Ja oder Nein zum Vermietgeschäft derzeit nicht die drängendste Frage. „Erst muss die Entscheidung über das Opernkonzept an sich gefallen sein“, sagt Flierl-Sprecher Wöhlert. Als Termin erwartet er den Frühsommer – nach Aufstellung des Bundeshaushalts, von dem das Opernkonzept abhängt. Denn falls das Konzept scheitern sollte und Plan B – Opernfusionierung – greift, ist die Sanierung der Staatsoper laut Wöhlert nicht mehr das dringendste Problem. „Dann kann man auch wieder auf bessere Zeiten warten.“ STEFAN ALBERTI