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Archiv-Artikel

Schlachtenmalerei versus Rinnsteinkunst

Anton von Werners spätklassizistische Villa an der Potsdamer Straße und Max Liebermanns Landhaus am Wannsee werden zurzeit restauriert

Zwei Berliner Künstlerhäuser werden zurzeit restauriert, die an den Kampf um die Durchsetzung moderner Kunst erinnern. Es handelt sich zum einen um Anton von Werners Stadtvilla an der Potsdamer Straße, zum anderen um Max Liebermanns Landhaus am Wannsee. Beide Künstler waren um 1900 Antipoden in der Auseinandersetzung um moderne, internationale Kunsttendenzen in Berlin. Während von Werner als erster Hofmaler Wilhelms II. die konventionelle Historienmalerei vertrat, stand Liebermann für einen Naturalismus, der auch die soziale Realität streifte, vor allem aber für die Einführung des Impressionismus in Deutschland.

Von Werners spätklassizistische Villa befindet sich im Hofgelände des Tagesspiegel-Verlags, abgeschnitten von der Hauptverkehrsstraße. Jahrzehntelang hatte es als Büro- und Lagerhaus gedient, Umbauten und Renovierungen haben große Teile der Inneneinrichtung zerstört. Doch selbst die Reste der Wandmalereien lassen erahnen, dass es sich um eine „Malerfürsten“-Residenz gehandelt haben muss – ein einzigartiges Beispiel eines wilhelminischen Künstlerhauses. Erbaut 1873 von Ernst Klingenbiel, gestaltete von Werner die Innenflächen selbst. Besonders prächtig gerieten Musikzimmer und Roter Salon im Obergeschoss.

Dort malte er Kopien der Selbstbildnisse seiner Vorbilder in Öl auf Feinputz: Dürer, Holbein, Rubens, Rembrandt, Velazquez, Murillo, Raffael und Tizian sind virtuos wiedergegeben und ornamental reich umrahmt. Jeder Quadratmeter Fläche war gestaltet, vom Parkett bis zur Stuckdecke. Bis 2008 will die zu diesem Zweck eigens gegründete „Neue Akademie“, die denkmalgerechte Sanierung mittels Sponsoren finanzieren und im Haus Künstler, Designer und Stadtplaner ausbilden. Zunächst sind Arbeiten am Dach und zur Sicherung der Wandmalereien geplant. Die mehrfach überstrichenen Malereien müssen freigelegt und gefestigt werden, Blasenbildung, Risse und lose Putzschollen gefährden die Kunstwerke. Später sollen mit Hilfe öffentlicher Fördermittel die Wandbilder ergänzt und gefirnisst werden. Die Kosten belaufen sich auf circa 1,7 Mio Euro. Über die geplante museale Präsentation ist bislang nichts bekannt, zumal gerade ein Eigentümerwechsel stattgefunden hat.

Von Werner starb 1915 zu einem Zeitpunkt, als sich die Moderne durchsetzte. Er erlebte nicht mehr die Weimarer Republik, in der Liebermann 12 Jahre lang Präsident, zuletzt Ehrenpräsident der Preußischen Akademie der Künste war. Die Villa wurde noch bis 1938 von seinen unverheirateten Töchtern bewohnt.

1909 ließ sich Max Liebermann in der Wannseer Villenkolonie Alsen – in der auch von Werner ein Haus hatte – von Paul Baumgarten ein schlichtes, wenn auch repräsentatives Landhaus bauen. Wichtiger war aber noch der Garten auf dem großen Seegrundstück, bei dessen Gestaltung Alfred Lichtwark, Museumspädagoge und Direktor der Hamburger Kunsthalle, beratend mitwirkte. Geometrisch geschnittene Hecken, Birkenhaine, Blumenterrassen, Sichtachsen, Pergolen und Lauben bildeten ein architektonisch anmutendes Ensemble, das vom Geist der Lebensreformbewegung beeinflusst war. Vom Erdgeschoss aus konnte man durch die Flügeltüren die Sichtachsen des Gartens auf sich wirken lassen, im Obergeschoss hatte Liebermann sein Atelier zur Überarbeitung der Freilichtbilder. In der seeseitigen Loggia entdeckte man jüngst ein überstrichenes Landschafts-Wandbild Liebermanns. Im Garten entstanden hunderte von Arbeiten. Besonders nach 1933 zog sich Liebermann hierher zurück. Das Haus wurde 1940 „arisiert“, 1951 rückübertragen, fiel ans Land Berlin, diente jahrzehntelang als Krankenhaus und beherbergte schließlich einen Tauchklub, der nun zum Auszug veranlasst werden konnte. Die 1995 gegründete private Max-Liebermann-Gesellschaft plant schrittweise die Rekonstruktion des Gartens und die Einrichtung eines Museums. Noch für die Hälfte der Kosten von circa. 2,5 Mio Euro werden Sponsoren gesucht. Die inhaltliche Kooperation mit der Akademie der Künste und der Nationalgalerie ist bereits angelaufen. Das Betreiberkonzept oszilliert noch zwischen den Polen eines einerseits attraktiven Museums mit Gastronomie, Begleitprogramm und 50.000 Besuchern jährlich und andererseits eines Liebermann-Forschungszentrums, wie es ähnlich für Claude Monet in Giverny existiert. In jedem Fall soll die Villa ein wissenschaftlich fundierter Gedenkort für den Meister werden.

Berlins Museumslandschaft könnte mit der Restaurierung der beiden Künstlerhäuser zwei Schmuckstücke gewinnen. Im Falle der Von-Werner-Villa ist jedoch noch unklar, ob das Haus überhaupt der Öffentlichkeit zugänglich sein wird. Darauf wäre zu drängen, falls größere Zuschüsse aus öffentlicher Hand flössen. Auch bleibt abzuwarten, ob und wie relativ kleine Vereine als Träger und Sponsorenwerber die kostspielige und langwierige Restaurierung und den professionellen Betrieb garantieren können. CHRISTIAN SAEHRENDT

Das Liebermann-Haus ist am Wochenende (11–17 Uhr) geöffnet: Colomierstr. 3, Tel. 80 58 38 30